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20.03.20 / Der Wochenrückblick / Es geht also doch? / Wie Deutschland plötzlich Grenzkontrolle gelernt hat und warum die Leute das Falsche fürchten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12 vom 20. März 2020

Der Wochenrückblick
Es geht also doch?
Wie Deutschland plötzlich Grenzkontrolle gelernt hat und warum die Leute das Falsche fürchten
Hans Heckel

Diszipliniert saßen die Vertreter der nationalen und internationalen Medien in der Bundespressekonferenz und lauschten den Worten der Kanzlerin. Merkel verkündete ein ganzes Bündel von Maßnahmen und Empfehlungen von Bund und Ländern gegen die Corona-Pandemie. Jedem Anwesenden war klar: Hier wird Geschichte geschrieben. 

Grenzkontrollen und Stopp des Tourismus waren zwei der Sofortmaßnahmen. Etliches andere kam noch hinzu, aber das wissen Sie ja alles schon. Danach stellten die Hauptstadtkorrespondenten ihre Fragen. Es ging um allerhand technische Einzelheiten. An einer bestimmten Frage konnten die Zuschauer besonders intensiv bewundern, wie äußerst diszipliniert die Medienvertreter trotz all der schrecklichen Aufregung über das Virus handelten, nämlich: Indem sie Merkel die eine Frage gerade nicht gestellt haben, obschon sie jedem anwesenden Journalisten brennend auf der Zunge gelegen haben muss.

Diese Frage lautet: Was hat sich in vier, fünf Jahren so grundstürzend geändert, dass Deutschland auf einmal seine Grenzen kontrollieren kann? Dieselbe Kanzlerin, welche hier die nationalen Grenzkontrollbeschlüsse verlas, hatte doch noch Ende 2015 dekretiert: „Wir können nicht kontrollieren, wer über unsere Grenzen kommt.“ 

Merkel soll sich immerhin am längsten gegen die am Montag verkündeten Grenzkontrollen gewehrt haben. Aus gutem Grunde: Wie steht sie denn jetzt da? Was die Anschlussfrage erzwingt: Was hat sie zu dem Schwenk geritten? Das waren wohl vor allem die Landesfürsten aus dem Norden und dem Süden der Republik, denen die eigenen Landeskinder aus den Grenzregionen wegen ausländischer Hamsterfahrer aufs Dach gestiegen sind. 

Der Unmut der Basis wurde langsam gefährlich. Da zeigen Politiker gern „Handlungsstärke“. Trotzdem stockte uns der Atem. Grenzkontrollen? Also doch? Und es ging noch sehr viel weiter. Kinder, was wir heute alles kontrollieren können. Sogar, wer warum im Hotel absteigt (rein touristische Reisen: verboten), wer auf dem Spielplatz herumtollt (gesperrt), welche Gaststätte zumachen muss, welche noch aufhaben darf und, wie lange, welche Läden weitermachen dürfen, ob irgendwo heimlich Gottesdienste gefeiert werden, ob Vereine, und seien sie auch noch so klein, sich weiterhin treffen und – natürlich! – „wer über unsere Grenzen kommt“. Und das können unsere Sicherheitskräfte tatsächlich alles kontrollieren. Denn könnten sie es nicht, hätte man auf die vielen Verbote mit demselben Argument verzichten müssen, mit dem die Regierung 2015 die Forderungen nach wirksamen Grenzkontrollen vom Tisch gewischt hat: Geht sowieso nicht.

In früheren Jahrzehnten hätten die damals noch ziemlich fiesen Pressefritzen die Kanzlerin am langen Spieß ihrer bohrenden Fragen knuspriggebraten, wenn ihnen die Regierung eine solch dreiste 180-Grad-Wende vor den Latz geknallt hätte. Doch heutige Hauptstadtberichterstatter sind aus anderem Holz. Sie zwinkern den Mächtigen lieber verschworen zu, als die Regierung kritisch aufs Korn zu nehmen.

Auch ihre Kabinettskollegen gehen Angela Merkel loyal zur Hand, wenn es darum geht, die Spuren in Richtung 2015 zu verwischen. Selbst Horst Seehofer weicht nicht von ihrer Seite, obwohl der vor viereinhalb Jahren wegen der Grenzöffnung schwere Bauchschmerzen bekam und von der „Herrschaft des Unrechts“ an den deutschen Grenzen sprach.

Mittlerweile haben sich beide wieder versöhnt, und Seehofer verteidigt den Berliner Schwenk mit einem wirklich ausgebufften Trick: Das seien ja auch heute keine Grenzschließungen, nur Kontrollen. In gleicher Weise springt der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, der Kanzlerin zur Seite: „Wir schließen keine Grenzen, Nordkorea tut das.“

Schlauer Konter, schwenken wir zurück, um zu erkennen, was dahintersteckt. Die Wahrheit ist nämlich: Kein Mensch hat 2015 die „Schließung“ der deutschen Grenzen gefordert. Das war den Kritikern der Grenzöffnung von jenen, welche die Tore nach Deutschland weit und für absolut jeden unkontrolliert offenhalten wollten, nur immer wieder in den Mund gelegt worden.

Die Kritiker bekamen so das Stigma aufgebrannt, nationalistische Abschotter zu sein, die unser Land so komplett dichtmachen wollten, wie einst die DDR oder eben Nordkorea. In Wahrheit forderten die vermeintlichen Abschotter bloß Zugangskontrollen und -beschränkungen, die weit hinter dem standen, was heute Praxis ist. Macht aber nichts, die alte Weisheit hat sich wieder einmal bestätigt: Eine Lüge muss man nur oft genug wiederholen, bis sie in den Köpfen der Leute als Wahrheit erscheint.   

Wie weit das mit dem Kontrollieren noch geht, wissen wir nicht. Die Lage eskaliert ja im Stundentakt. Was kommt als nächstes – sofern es nicht längst beschlossen ist, wenn diese Zeitung den langen Weg von der Redaktion zu den Abonnenten und Kioskkunden gefunden hat? Italien hat es gemacht, Spanien hat sie beschlossen, und Frankreich ist am Montag nachgezogen: Die Verhängung der Ausgangssperre. Dann können wir sogar kontrollieren, wer innerhalb des Landes warum wohin geht, und ob er das darf. Die einst unmögliche Kontrolle beginnt dann gleichsam an der Haustür.

Zudem wird darüber nachgedacht, ob die Regierung den Bundestag überhaupt noch fragen sollte, wenn es mal ganz schnell gehen muss mit einem Gesetz und die Parlamentarier wegen weiterer Quarantäne-Maßnahmen verhindert sein sollten. Wird das Parlament entmachtet? Dann könnte man mal richtig von oben durchgreifen. Nicht nur gegen das Virus. Ist es ein Zufall, dass die Regierung in Form des Bundesverfassungsschutzes gerade jetzt mit solchem Elan gegen die AfD losschießt? So eine Krise ist ja immer auch eine Chance, da kann man einiges unterm Radar der allgemeinen Aufmerksamkeit hindurchschieben, weil alle mit dem einen, heute dem Virus, beschäftigt sind. Bleiben wir besser aufmerksam.

Am heftigsten unter die Corona-Räder geraten ist allerdings die Greta-Bewegung. Eben erst sollte es so richtig wieder losgehen, demonstrieren ist in der warmen Jahreszeit ja auch viel schöner als im freuchten Winter. Jetzt reden aber alle nur noch vom Virus. Selbst Schulstreiks gehen nicht mehr, seitdem die Schule sowieso bis auf Weiteres aus ist. Richard David Precht ist von den Deutschen wirklich enttäuscht. Die Leute hätten „mehr Angst um ihr Leben als um das Überleben der Menschheit“, mault der Schickimicki-Philosoph vom strahlenden Elfenbeinturm herab. 

Armer Precht, für ihn könnte es bald noch schlimmer werden. Warten wir den ersten großen Stromausfall infolge der „Energiewende“ ab. Wovor die Leute dann wohl Angst haben, wenn es überall dunkel wird und die Räuber kommen? Vor dem Klimawandel?