18.04.2024

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27.03.20 / Unter dem Radar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13 vom 27. März 2020

Unter dem Radar
Erik Lommatzsch

Verstehen muss man unsere politische Führung nicht immer. Dies würde, wie der frühere CDU-Minister Thomas de Maizière einst anmaßend formulierte, „die Bevölkerung verunsichern“. Die Rede ist hier nicht von der „Corona-Krise“, deren Handhabung ebenfalls arge Zweifel an Weitblick aufkommen lässt, sondern von der nach wie vor existenten „Flüchtlingskrise“. Der Blick ist gegenwärtig fast völlig auf das Virus gerichtet. Andere politische Probleme haben sich jedoch nicht rücksichtsvoll in Quarantäne begeben. 

Im Februar „öffnete“ der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdo?an die Grenze, was einen Ansturm von Migranten auf die EU zur Folge hatte. Niemand stellte die Frage, warum es uns eigentlich tangiert, wenn ein anderer Staat seine Grenzen „öffnet“. Zu selbstverständlich ist der Gedanke, dass wir zur Verteidigung unserer Grenzen nur bedingt bereit wären. Der erwähnte Ex-Minister sprach von möglicherweise „hässlichen Bildern“. Deutschland und die EU hatten das Ganze verlagert und die Durchsetzung der Türkei überlassen. Nicht völlig umsonst. Erdo?an monierte nun, man habe ihm die vereinbarten sechs Milliarden nicht gezahlt. Eine EU-bezügliche Visafreiheit und ein Ausbau der Zollunion seien nicht umgesetzt worden. 

Hieß es zunächst, Erdo?an „erpresse“ die EU, wurde ihm nun per Video-Schaltung durch die Bundeskanzlerin „die Aufstockung der EU-Mittel“ versprochen. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und der britische Premier Boris Johnson nahmen an der Konferenz teil. Wieso Merkel für die EU insgesamt spricht und Johnson eingebunden wurde, bleibt dem Laien unklar. Erdo?an dürfte im Schatten von Corona sein Ziel erreicht haben. 

Auch anderes erstaunt. Trotz der gegenwärtigen Abschottung will Innenminister Horst Seehofer weiterhin minderjährige Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufnehmen. Und regulär einreisen darf nach Deutschland zurzeit kaum jemand, es sei denn, er sagt: „Asyl“. Nein, man muss das nicht verstehen.