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27.03.20 / Zeitumstellung / Störung im täglichen Trott

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13 vom 27. März 2020

Zeitumstellung
Störung im täglichen Trott
Klaus J. Groth

Am Sonntag um 2 Uhr nachts werden die Uhren zum 40. Mal um eine Stunde auf die Sommerzeit vorgestellt. Der Nutzen der Zeitumstellung ist seit ihrer Einführung umstritten. 

In Brüssel gehen die Uhren langsamer. Zur Winter- wie zur Sommerzeit. Deshalb ist ungewiss, ob und wann die Empfehlung der EU-Kommission, die Zeitumstellung abzuschaffen, realisiert wird. Bei einer Online-Umfrage der EU plädierten über 80 Prozent für eine dauerhafte Sommerzeit (MESZ). Die endgültige Entscheidung fällt das Parlament. Eine Einigung unter den Mitgliedstaaten ist nicht in Sicht.

Reagiert der Biorhythmus der Bundesbürger besonders sensibel auf die Zeitumstellung? Ihr großes Interesse an der Umfrage ließe sich so interpretieren. Vier Millionen EU-Bürger nahmen teil, davon drei Millionen Deutsche. Laut der Studie einer Krankenkasse leidet jeder vierte Deutsche nach dem Zeitenwechsel an Schlafstörungen und Mattigkeit, die noch Wochen anhalten. Schüler haben zu früher Stunde Probleme, konzentriert dem Unterricht zu folgen. Auch das Rindvieh fühlt sich in seinem täglichen Trott gestört. Das Bauernblatt rät, die Kühe schon einen Monat vorher im Viertelstundentakt an die neue Melk- und Futterzeit zu gewöhnen.

Als wichtigstes Argument für die Sommerzeit wird die Ausnutzung des Tageslichts angeführt. Schon der Erfinder des Blitzableiters, Benjamin Franklin, empfahl bei seinem Aufenthalt in Paris angesichts des pulsierenden Nachtlebens, nicht so viel Energie des künstlichen Lichts zu vergeuden, sondern früher aufzustehen und früher ins Bett zu gehen. Seine Idee fand in der Öffentlichkeit jedoch keinen Anklang. 

Die Normalzeit ist die Winterzeit (MEZ). Sie blieb bis zum Ersten Weltkrieg unangetastet. 1916 wurde im Deutschen Reich die Einführung der Sommerzeit beschlossen. Im Reichs-Gesetzblatt Nummer 67 wurde festgelegt: „Der 1. Mai beginnt am 30. April 1916 nachmittags 11 Uhr nach der bisherigen Zeitrechnung, der 30. September endet eine Stunde nach Mitternacht im Sinne dieser Verordnung.“ Die Weimarer Republik schaffte die Sommerzeit wieder ab. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde sie abermals eingeführt. 

Nach Kriegsende begann ein Zeiten-Wirrwarr. Die westlichen Besatzungsmächte verordneten in ihren Zonen die dauerhafte Sommerzeit, in der sowjetischen Zone und in Berlin galt Moskauer Zeit, die um eine Stunde voraus ist. In Normalzeit tickten die Uhren ab 1950. 1978 verabschiedete der Bundestag das Zeitgesetz zur Einführung einer Sommerzeit. Die DDR schloss sich an. Am 6. April 1980 klingelten die Wecker gesamtdeutsch eine Stunde früher. Und daran wird sich vermutlich auch nichts so bald ändern.