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27.03.20 / Hinterpommern / Stolpmünde – Ostseebad und Seehafen / Eine wechselvolle Geschichte im Spiegel der Zeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13 vom 27. März 2020

Hinterpommern
Stolpmünde – Ostseebad und Seehafen
Eine wechselvolle Geschichte im Spiegel der Zeit
Brigitte Stramm

Die lange Ostseeküste Hinterpommerns wies eine Kette von Seebädern und Hafenstädten aus, die dem Erholungsuchenden sowohl ein reichhaltiges Kur- und Freizeitangebot aber auch interessante Einblicke in das sonstige Leben an der Küste gab. Die ältesten und bedeutendsten Ostseehäfen in Hinterpommern waren Kolberg, Rügenwaldermünde und Stolpmünde. Stolpmünde zeigt in seinem 1922 geschaffenen Wappen das auf, was in dem Ort von jeher Bedeutung hat. Man sieht ein Handelsschiff und eine Nixe, die einen Lachs in der Hand hält – also Seehandel, Fischfang und Tourismus.

Günstig an der Mündung des Flusses Stolpe gelegen, und nur 18 km von der aufstrebenden Stadt Stolp entfernt, entwickelten sich optimale Bedingungen. 

1337 verkaufte Jesco von Schlawe den Ort „Stolpesmünde“ und das zwischen Stolp und Stolpmünde gelegene Land an die Stadt Stolp, die somit über einen Hafen verfügte, der den Beitritt zur Hanse ermöglichte. Der Handel brachte raschen Aufschwung, der einen Ausbau des Hafens ermöglichte und den Bürgern Wohlstand brachte.

Gegen Ende des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde Stolp jedoch von schweren Unglücksfällen, verheerenden Feuersbrünsten, Wasserfluten, der Pest und bürgerlichen Unruhen wiederholt getroffen. Hierdurch wurde das Vermögen der Stadt und ihrer Bürger allmählich so erschöpft, dass sie am Ende des 16. Jahrhunderts verarmt aus dem Hansebund ausscheiden musste. Für die Unterhaltung des Stolpmünder Hafens waren keine Mittel mehr vorhanden. Seine Uferbefestigungen und Molen zerfielen, und die Einmündung verflachte, so dass selbst Schiffe von geringem Tiefgang meist auf der Reede mit Hilfe von Booten entladen oder befrachtet werden mussten.

Auch in der folgenden Zeit bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Stadt von Unglück heimgesucht. Die Drangsale des 30jährigen, des schwedisch-polnischen, des schwedisch-brandenburgischen und des Nordischen Krieges, Einfall der Pest und eine Feuersbrunst, die fast die ganze Stadt in Asche legte, brachten sie auf einen ungeahnten Tiefstand herunter. 1719 erfolgte die Aberkennung der Stadtrechte, und das städtische Vermögen wurde unter der Verwaltung der Königlichen Kammer in erster Linie für allgemeine Bedürfnisse des Staates verwendet. Für die Erhaltung des Stolpmünder Hafens konnte daher auch weiter nicht gesorgt werden. Die Bauwerke verfielen immer mehr, und der Hafen und seine Einfahrt versandeten derart, dass häufig sogar den kleinen Leichterbooten die Durchfahrt verschlossen war. Erst unter der fürsorglichen Regierung Friedrich des Großen begann nach glücklicher Beendigung des Siebenjährigen Krieges wieder ein Aufschwung, und damit setzte, wenn auch nur allmählich, die Wiederherstellung und weitere Entwicklung des Hafens ein, wobei der Staat mit Geldmitteln helfend eingriff.

Der Hafen gehörte immer noch der Stadt Stolp, die jedoch zunehmend Schwierigkeiten hatte, auch durch Unstimmigkeiten mit dem preußischen Staat. Das führte dazu, dass der Hafen am 22. Dezember 1831 mit allen Einkünften unentgeltlich durch Vertrag an diesen überging.

Jetzt ging es wieder aufwärts, der Hafen wurde ausgebaut, gegen die Versandung erfolgreich angekämpft. Eisenbahnanschlüsse taten ein übriges. Die Größe der verkehrenden Dampfer ging sogar bis etwa 2000 t Ladefähigkeit. Als verkehrsreichster der hinterpommerschen Häfen hat sich der Hafen auch nach dem 1. Weltkrieg verhältnismäßig bald wieder erholt. Der Gesamtverkehr hat im Jahre 1930 sogar rund 754 500 cbm Nettoraumgehalt gegenüber rund 621.900 cbm im Jahre 1913 betragen. Eingeführt wurden hauptsächlich Kohlen, Holz, Kunstdünger, Futtermittel, Steine, Zement, Mehl, Öle und sonstige Handelsgüter, ausgeführt wurden Getreide, Kartoffelmehl, Holz, Papier und allerlei Stückgüter.

Eine Flotte von Motor-Fischkuttern, die ihre Fangreisen bis nach den Fanggründen Bornholms und Helas ausdehnten und ihre Fänge an mehrere Räuchereien und eine Fischverwertungsgenossenschaft im Orte absetzten, sowie mehrere Dampfer von verschiedener Größe waren im Hafen beheimatet. Übrigens betrieb man bis ca. Ende 1800 Lachsfischerei in der Mündung der Stolpe, mit teils sehr beachtlichen Fängen. Das Projekt „Großhafen“ Stolpmünde, begonnen 1939, konnte nicht fertiggestellt werden.

Doch der wichtige Wirtschaftszweig Tourismus nahm einen stetig steigenden und im heutigen Ustka einen großen Stellenwert ein. Seit 1820 bereits Ostseebad mit zunehmenden Besucherzahlen. 1912 wurde das heute noch aktive Badehaus mit Mooranwendungen und Kohlensäurebädern eröffnet. So verzeichnete man 1925 bereits 2970 Badegäste – ohne Tagesgäste. Immer mehr wohlhabende Stolper Kaufleute erbauten in Stolpmünde ihre Sommerhäuser. Das Seemans- und Fischerdorf ist zur kleinen, teilweise mondänen Stadt herangereift, die 1935 Stadtrechte erhielt. Es gab ein umfangreiches Kurangebot, dazu zahlreiche Unterhaltungsmöglichkeiten. Gesellschaftsabende mit Tanz; eine Lesehalle mit kostenlos zu nutzender Bibliothek, Konzerte, Ruder-, Segel- und Motorbootfahrten. Dazu lud die waldreiche Umgebung zu Spaziergängen und Wanderungen ein und in der nahen Stadt Stolp gab es interessante Sehenswürdigkeiten zu besuchen.

Stolpmünde blieb im 2. Weltkrieg nahezu unzerstört. Daher zeigt sich der historische Ortskern mit seinen reizvollen Kapitänshäusern, dem Häuschen, in dem sich Familie Bismarck im Sommer erholte, dem Hafen, Promenaden u.v.m.  wie eine Idylle aus vergangener Zeit.

Seit 1987 ist Stolpmünde/Ustka wieder offizielles Heilbad in dem zahlreiche Deutsche gern einen Kur-Urlaub verbringen, auch wenn sie keine Wurzeln in Pommern haben.

Info Vor Stolpmünde sank am 30. Januar 1945 um 21.16 die Wilhelm Gustloff. Am 10. Februar gegen 0:55 Uhr ereilte das gleiche Schicksal die Steuben, mit ihnen verloren  tausende Flüchtlinge ihr Leben.