25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.04.20 / William Wordsworth / 250. Geburtstag des See-Poeten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14 vom 03. April 2020

William Wordsworth
250. Geburtstag des See-Poeten
H. Tews

Der Ausdruck „Stay at home“, mit dem die Bevölkerung in Pandemie-geplagten Zeiten zu Stubenhockern genötigt wird, hätte von William Wordsworth stammen können. Der vor 250 Jahren geborene englische Dichter begab sich im Lake District, jener seenreichen Gebirgslandschaft im Nordwesten Englands kurz vor der schottischen Grenze, in freiwillige Selbstisolation, um in aller Ruhe über die Natur sinnieren zu können.

Er war aber nicht ganz allein. Neben seiner Familie lebten dort auch der Dichterfreund Samuel Taylor Coleridge und Robert Southey, den Wordsworth nach dessen Tod als offizieller Hofdichter des britischen Königshauses beerben sollte. Gemeinsam sind sie in der englischen Literatur als die „Lake Poets“, also die See-Poeten, bekannt geworden. 

Besonders der am 7. April 1770 nördlich des Lake District geborene Wordsworth und der zwei Jahre jüngere Coleridge waren als Team für die englische Romantik so einflussreich wie es Goethe und Schiller für die deutsche Klassik waren. So wie Letztere 1797 mit den „Xenien“ ein Gemeinschaftsprojekt herausgebracht hatten, taten es die beiden Briten ein Jahr später mit ihren „Lyrical Ballads“ (Lyrische Balladen), die als Geburtsurkunde der Romantik auf der Insel zu den bedeutendsten Gedichtwerken der britischen Literatur zählen. Wordsworths „Lines written above Tintern Abbey“ (Zeilen, geschrieben oberhalb der Abtei von Tintern) und Coleridges „Rime of the Ancient Mariner“ (Lied des alten Seemanns) kennt in England jedes Schulkind. 

Bevor der Lake District als Pilgerort zum britischen Weimar wurde, nahmen beide Poeten Anschauungsunterricht in Deutschland. Während Coleridge sich in die deutsche Sprache verliebte, ging Wordsworth im eisigen Winter das Geld aus, wodurch die geplante Weiterfahrt nach Weimar platzte. Viel weiter als bis nach Goslar kam er nicht. Dafür entstanden dort die ersten Zeilen seines autobiografischen Poems „The Prelude“, das ein monumentales dreiteiliges Gedichtzyklus über Naturharmonie einleiten sollte. 

Daran verhob er sich gewaltig. Volle 50 Jahre bis zu seinem Tod am 

23. April 1850 im – natürlich – Lake District bastelte er daran, doch außer dem „Prelude“ und einem Mittelteil namens „The Excursion“ (Die Wanderung) ist nichts weiter entstanden. Wordsworth scheiterte daran, Anspruch und Wirklichkeit in dichterischen Einklang zu bringen. Es war dieses Versagen, das dazu führte, dass andere romantische Dichter wie Percy B. Shelley oder Lord Byron ihm später den Rang ablaufen sollten.