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03.04.20 / Globalisierung / Von Kreuzrittern bis zur Gegenwart / Die Historiker Jürgen Osterhammel und Niels P. Petersson weisen anhand von Beispielen nach, dass es Globalisierungstendenzen schon früher gab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14 vom 03. April 2020

Globalisierung
Von Kreuzrittern bis zur Gegenwart
Die Historiker Jürgen Osterhammel und Niels P. Petersson weisen anhand von Beispielen nach, dass es Globalisierungstendenzen schon früher gab
DirK Klose

Unter Globalisierung wird das immer stärkere politische und wirtschaftliche Zusammenwachsen der Welt verstanden. Der Historiker Jürgen Osterhammel (unter anderen Festredner zum 60. Geburtstag der Bundeskanzlerin) hinterfragt zusammen mit seinem britischen Kollegen Niels P. Petersson den mitunter allzu raschen Gebrauch dieses Wortes, so als sei etwas ganz Neues über die Welt gekommen. Osterhammel ist in fast all seinen Publikationen über eine enge eurozentrische Sicht hinausgegangen und hat auf spannende Weise gezeigt, wie sehr Ereignisse – etwa in Asien oder in der arabischen Welt – die Weltgeschichte beeinflusst haben.

Weltumspannende Herrschaft

Globalisierung, so weisen beide Autoren in diesem kleinen, in bester historischer Manier geschriebenen Buch nach, ist keineswegs ein Phänomen der Neuzeit. Man kann sie, weltweit betrachtet, in der Geschichte weit zurückverfolgen. Seit der Antike bis in unsere Zeit lag imperialen Großreichen die Tendenz zu weltumspannender Herrschaft zugrunde. „Großräumige Integration“ beobachten die Autoren bereits im frühen Mittelalter, dann im 13. Jahrhundert, als von Europa aus die ersten Entdeckungsreisen und Eroberungszüge begannen (Kreuzritter und italienische Seerepubliken) und als zur gleichen Zeit in Asien durch die gewaltigen Kriegszüge der Mongolen (heute unter Historikern allerdings eher als zivilisatorische „Pax Mongolica“ gewürdigt) und in der arabischen Welt extreme Auseinandersetzungen um große Herrschaftsräume stattfanden. 

Eine Globalisierung ebenfalls weltweiten Ausmaßes sehen die Autoren in der beginnenden Kolonisation, in den sich zu Weltkriegen ausweitenden europäischen Konflikten und im kommerziell vollendet betriebenen Sklavenhandel (zirka zwölf Millionen Menschen) im 18. Jahrhundert. Globalisierung, so das etwas lapidare, aber historisch überzeugend begründete Fazit, ist letztlich in der Weltgeschichte nichts Neues: „Die angeblich als charakteristisch für ein gegenwärtiges Zeitalter der Globalität zu verstehenden Muster waren schon in früheren Zeiten verfügbar.“ Gleichwohl habe das Wort einen Sinn als Sammelbegriff für Interaktionen und Handlungen „mit planetarischer Reichweite“. Aber zugleich gelte auch: „Lokalität bleibt Schicksal.“ Das sieht man, betrachtet man den eigenen Staat als jeweilige Lokalität, gerade in diesen Tagen. 

Jürgen Osterhammel/ Niels P. Petersson: „Geschichte der Globalisierung. Dimensionen, Prozesse, Epochen“, C.H. Beck Verlag, München 2019, broschiert, 128 Seiten, 9,95 Euro