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10.04.20 / Gesellschaft / Kuriose Treffen und Nachdenkliches / In einem Selbstversuch begibt sich Corinna Busch auf Partnersuche in einer digitalisierten Welt, in der es zunehmend schwerer wird, aufeinander zuzugehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15 vom 10. April 2020

Gesellschaft
Kuriose Treffen und Nachdenkliches
In einem Selbstversuch begibt sich Corinna Busch auf Partnersuche in einer digitalisierten Welt, in der es zunehmend schwerer wird, aufeinander zuzugehen
Silvia Friedrich

In ihrem Buch „Ein Dutzend Dates. Online-Dating, männlicher Narzissmus und andere Dramen“ beschreibt die ehemalige Redakteurin und Grimme-Preisträgerin Corinna Busch einen Selbstversuch. Sie lernte über das Internet Männer kennen und traf sich mit ihnen zwecks späterer Partnerschaftsanbahnung. Zwölf dieser Treffen werden beschrieben: witzig, erschreckend, aufrüttelnd, frustrierend und ernüchternd. Jedes Kapitel ist einem dieser Männer gewidmet, und man kann sich gut vorstellen, welch kuriose „Exemplare“ sich in den Cafés, Bars und Restaurants wartend an den Tischen lümmelten. Ob doch ein passendes Gegenüber für die Autorin dabei war, muss der Leser selbst herausfinden. Die Lektüre hat Suchtpotenzial.

Schnell gelesen und sicher auch oft laut lachend, ist der erste Teil des Buches zu genießen. Doch das Werk gewinnt an Tiefe, wenn die Autorin im zweiten Teil durch Unterhaltungen mit versierten Psychologen ein nachdenkliches Resümee zieht. Ab der Mitte handelt es sich um eine Art zweites Buch, das sicher auch allein hätte stehen können. Sehr ernsthafte Fragen werden gestellt. Ausgehend von dem Umstand, dass die Autorin bei den Treffen immer wieder auf merkwürdige psychische Auffälligkeiten bei den Betreffenden stieß, das Verhalten vieler eher einer Trauma-Überlebensstrategie glich, war ihre Neugier geweckt, weshalb und woran es in unserer Gesellschaft krankt. Wenn wir als Kriegsenkelgeneration immer noch glauben, die Gnade der späten Geburt hätte uns vor den Kriegsgräueln und deren Auswirkungen bewahrt, so ist das Gegenteil schon seit längerer Zeit von Wissenschaftlern untersucht und nachgewiesen worden. Wir alle haben die schrecklichen Erfahrungen der Eltern und Großeltern geerbt, quasi mit der Muttermilch eingesogen und leiden noch heute daran, was Generationen vorher unmittelbar in Kriegszeiten und bei Hungersnöten durchmachen mussten. Mit diesem Erbe zu leben, führt zu vielen psychischen Auffälligkeiten. Ist die Generation der Kriegsenkel beziehungsunfähig. So fördert das Internet die Vereinsamung von Menschen und zieht das Online-Dating narzisstisch geprägte Menschen an. 

Wie hat man sich früher kennengelernt? Auf diese Fragen gibt es Antworten im zweiten Teil des Buches. Ob man diese für sich annimmt, bleibt jedem selbst überlassen. Buschs Fazit ist ein Aufruf, der hoffen lässt: „Aufeinanderzugehen, um sich und einander kennenzulernen, das sollten wir selbst übernehmen, im analogen Leben, ganz ohne Maschinen, Internet und Künstlicher Intelligenz.“

Corinna Busch: „Ein Dutzend Dates. Online-Dating, männlicher Narzissmus und andere Dramen“, Books on Demand, Norderstedt 2019, broschiert, 180 Seiten, 12 Euro