20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
17.04.20 / Groß-Berlin-Gesetz / Die Stadt erhält ihr heutiges Territorium

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16 vom 17. April 2020

Groß-Berlin-Gesetz
Die Stadt erhält ihr heutiges Territorium
Manuel Ruoff

Wie viele andere europäische Metropolen wuchs auch Preußens Hauptstadt durch die und während der Industrialisierung. Dieses gilt insbesondere für die Zeit nach der Reichsgründung, die Berlin zur Hauptstadt der mächtigsten Macht Kontinentaleuropas gemacht hatte. 

Der Vergrößerung der Metropole stand jedoch zu Zeiten der Monarchie keine Vergrößerung der politischen Gebietskörperschaft gegenüber. Zwei Gründe seien hier genannt. Zum einen galt Berlin aufgrund des großen Anteils der Industriearbeiterschaft als „rot“. Und das Königreich Preußen hatte kein Interesse daran, das „rote“ Berlin durch einen Gebietszuwachs zu stärken und zu einem roten „Staat im Staate“ aufzubauen. Zum anderen hatte Berlin schon damals wie viele Großstädte einen Speckgürtel, und die bürgerlich geprägten, wohlhabenden Randgemeinden hatten sowohl aus finanziellen als auch aus politischen Gründen kein Interesse daran, einer „roten“, weniger wohlhabenden Großstadt mit deren sozialen Problemen zugeschlagen zu werden. 

Einen großen Schritt in Richtung Groß-Berlin bedeutete die Novemberrevolution mit ihrem Erstarken der Linken. Zum einen hatte die Linke naheliegenderweise nichts gegen ein Erstarken des „roten“ Berlin. Zum anderen ist die Linke prinzipiell Zentralismus-freundlicher als die Rechte. Nicht umsonst war die Weimarer Republik zentralistischer als das Kaiserreich. 

Trotzdem war die Schaffung Groß-Berlins nun nicht etwa ein Selbstgänger, schwächte sie doch etwa die benachbarte Provinz Brandenburg. So scheiterten in der verfassunggebenden preußischen Landesversammlung zwei Abstimmungen zum sogenannten Groß-Berlin-Gesetz.

Um eine dritte Niederlage zu verhindern, kam Berlins parteiloser Oberbürgermeister Adolf Wermuth den Skeptikern noch mehr entgegen. Nachdem er vorher bereits auf die von der SPD favorisierte zentralistische Strukturierung zugunsten starker Bezirke verzichtet hatte, wie sie heute noch für Berlin typisch sind, verzichtete er nun auch noch auf den auf manche provozierend wirkenden Begriff „Groß-Berlin“. So wurde aus dem Groß-Berlin-Gesetz, wie es inoffiziell heute noch heißt, offiziell das „Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin“. 

Dieses Gesetz nun erhielt vor 100 Jahren, am 25. April 1920, in der Landesversammlung eine linke Mehrheit aus Unabhängigen und Mehrheitssozialdemokraten sowie linksliberalen Deutschdemokraten. 164 Abgeordnete stimmten dafür, 148 dagegen, fünf enthielten sich. Am 1. Oktober des Jahres trat das Gesetz in Kraft. Berlins Territorium verdreizehnfachte sich dadurch auf seine heutige Größe.