26.04.2024

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17.04.20 / Persönlichkeit / Gustav Hirschfeld – bedeutender Archäologe aus Pyritz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16 vom 17. April 2020

Persönlichkeit
Gustav Hirschfeld – bedeutender Archäologe aus Pyritz
Martin Stolzenau

Paul Oscar Gustav Hirschfeld stammte aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Pyritz in Hinterpommern, erlangte als Leiter der deutschen Ausgrabungen im antiken Olympia erste Bekanntheit und fungierte dann als Professor für Archäologie in Königsberg. Er sorgte in zahlreichen Archäologiebereichen für völlig neue Erkenntnisse, die in zahlreichen Schriften weltweite Verbreitung fanden, und zählt seitdem als Forscher und akademischer Lehrer zu den bedeutendsten Archäologen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Damit erreichte er auch über seinen Tod vor 125 Jahren hinaus bis heute eine große Nachwirkung. 

Der berühmte Archäologe wurde am 4. November 1847 in Pyritz geboren. Sein Vater, ein jüdischer Kaufmann, der ursprünglich Hirsch Hirschfeld hieß, ließ sich dann taufen und nahm den Vornamen Hermann an. Die Mutter des Jungen war eine geborene Henriette Stargardt. Sohn Gustav erhielt zunächst Privatunterricht, besuchte dann das Gymnasium in Pyritz und wechselte 1865 an die Universität in Berlin, wo er Philologie und vor allem Klassische Archäologie studierte. Es folgten die Universitäten in Tübingen und Leipzig, ehe er an die Berliner Universität zurückkehrte, sich besonders Ernst Curtius anschloss und 1870 promoviert wurde. 

Wegen seiner herausragenden Studienleistungen erhielt der junge Archäologe aus Pommern 1871 ein Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts, das ihm eine längere Studienreise in den Mittelmeerraum ermöglichte, wobei er über Ravenna und Athen bis auf die Peloponnes und dann nach Konstantinopel gelangte. Dort traf er mit Ernst Curtius zusammen, der mit einer preußischen Gesandtschaft Kleinasien bereiste. Hirschfeld schloss sich an und entwickelte eine neue Leidenschaft für die Topografie Kleinasiens.

Erste Kleinasien-Expedition

Hirschfeld veröffentlichte nach seiner Rückkehr nach Berlin 1873 zahlreiche wissenschaftliche Aufsätze, erhielt durch Förderung von Ernst Curtius zusammen mit Hermann Eggert einen Forschungsauftrag für das südwestliche Kleinasien und erschloss in der Folge ab Antalya die anatolische Hochebene bis zum Grenzgebirge zwischen Lykien und Karien. Eggert und Hirschfeld waren die ersten Wissenschaftler, die diese Gebiete erforschten. Ihre Erkenntnisse führten danach zu weiteren Forschungsreisen. Hirschfeld hatte nun einen Namen, wurde 1875 Chef der deutschen Ausgrabungen in Olympia und heiratete bei einem Zwischenaufenthalt in Berlin 1876 Margarethe Bretschneider, die ihn dann auf der zweiten Olympiatour begleitete. 

Seine Grabungen förderten einzigartige  Kunstwerke ans Licht. Das reichte von den Giebelfiguren des Zeustempels über die Nike des Paionios bis zum Hermes des Praxiteles. Hirschfeld veröffentlichte nach der Heimkehr 1877 seine Erkenntnisse, weilte in London sowie Paris, wurde habilitiert und ließ sich taufen. Dieser Schritt war neben der wissenschaftlichen Arbeit die zweite Voraussetzung für eine akademische Karriere in Deutschland. Anschließend ging alles sehr schnell. Hirschfeld wurde schon 1878 nach Königsberg an die Universität berufen.

Er fungierte kurz als ao. Professor, wurde zwei Jahre später zum o. Professor erhoben und glänzte mit einer erfolgreichen Lehrtätigkeit, die Studenten aus ganz Deutschland anzog. Mehr noch. Hirschfeld war Gründungsmitglied der Geographischen Gesellschaft in Königsberg, fungierte dann als deren Vorsitzender und unternahm in der Folge auch immer wieder Forschungsreisen nach Italien, Griechenland und Kleinasien, wobei er weitgehend unerforschte Stätten der griechischen Antike erschloss, zahlreiche Kunstschätze entdeckte und Forschungsmaterial anhäufte. Dazu gesellten sich auch Studienreisen nach St. Petersburg, Paris und London. 

Doch ab 1891 beeinträchtigte ein ausuferndes Leiden sein Schaffen. Er gab aus Bewunderung für Helmut von Moltke, der lange in der Türkei als Militärberater gewirkt hatte, noch dessen Gesammelte Schriften heraus, lehrte weiter in Königsberg und suchte bei Kuraufenthalten Heilung. Dabei starb der Forscher vor der vollständigen Auswertung seiner Erkenntnisse am 20. April 1895 in Wiesbaden. Er wurde 47 Jahre alt. Seine Leistungen finden bis heute in internationalen Nachschlagewerken Berücksichtigung.