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17.04.20 / Konservative Juden / Etablierte geraten in Schnappatmung / Eine jüdische Autorengruppe erklärte ihre Nähe zur Alternative für Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16 vom 17. April 2020

Konservative Juden
Etablierte geraten in Schnappatmung
Eine jüdische Autorengruppe erklärte ihre Nähe zur Alternative für Deutschland
Bernd Kallina

Was Juden zur AfD treibt: Neues Judentum und neuer Konservativismus – Jüdische Stimmen aus Deutschland“, das ist nicht nur der dreigliedrige Titel eines Aufsehen erregenden neuen Buches. Mehr noch: Die Tatsache, dass in diesem im Gerhard-Hess-Verlag erschienenen Werk jüdische Bürger ihre von Kritikern als Skandal empfundene Nähe zur Alternative für Deutschland fundiert begründen, dürfte vor allem bei maßgeblichen Repräsentanten des  bundesdeutschen Establishments äußerstes Unbehagen, ja sogar entsetzte Schnappatmungen auslösen. 

Schon in den einleitenden Kapiteln sticht ein Grußwort-Beitrag des früheren CSU-Mitglieds und heutigen AfD-Politikers Andreas Kalbitz hervor. Der Landes- und Fraktionsvorsitzende der AfD-Brandenburg, erst kürzlich zum „erwiesenen Rechtsextremisten“ vom Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldewang erklärt, schildert anschaulich, wie er als Jugendlicher zu Zeiten seines damaligen Engagements für die Junge Union sich dem sensiblen deutsch-jüdischen Thema näherte. 

Durch die Lektüre der „Feldpostbriefe jüdischer Frontsoldaten 

1914–1918“ mit einem Geleitwort von Franz-Josef Strauß bekam Kalbitz Gelegenheit, „sich dieses wenig beachteten Teils der deutsch-jüdischen Geschichte“ empathisch anzunähern. Und weiter: „Dies eröffnete mir den Blick auf ein konservatives Bürgertum, deutsch und jüdisch zugleich, mit all seinen Blüten in Kultur und Wissenschaft, das mit dem singulären Kulturbruch des Holocaust nicht nur physisch, sondern auch als soziokulturelles Phänomen vernichtet wurde.“ 

Schreibt so ein rechtsextremer Antisemit? Die Frage sei gestellt.

Der stellvertretende Vorsitzende der Bundesvereinigung Juden in der 

AfD e.V., Artur Abramovych, ein aus der Ukraine stammender Sohn einer Zen-tralratsfunktionärin, der 1998 als Kontingentflüchtling nach Deutschland einwanderte, äußert sich sehr distanziert in seinem Beitrag über zeitgenössische jüdisch-bundesdeutsche Funktionäre, „allem voran dem Zentralrat der Juden in Deutschland, der nicht gewillt ist, sich den neuen Herausforderungen zu stellen, sie weitgehend ignoriert und einen jeden Juden, der seinem Beispiel zu folgen nicht gewillt ist, nach Kräften zum Schweigen zu bringen versucht“. Dem wolle der Sammelband „Was Juden zur AfD treibt“ entgegenwirken, weil vor allem eine Frage nach dem Ursprung des heutigen Antisemitismus im Raume stehe, wie der berühmte Elefant im Wohnzimmer, das heißt, alle sehen ihn, doch niemand wagt es, ihn zu benennen. Anders Abramovych: „Entgegen sämtlichen Beteuerungen der politischen haute volee handelt es sich dabei nicht etwa um den seit Jahrzehnten rückläufigen rechten Antisemitismus, sondern zum einen um den linken Antizionismus und zum anderen um den (importierten) islamischen Judenhass.“

Kritik an Zentralrat der Juden

In dieselbe Kerbe schlägt auch Olli Weksler, ein in Kasachstan geborener Jude, der mit seiner Familie 1992 nach Deutschland einwanderte. Sein Beitrag „Veni und Vidi – Über Parallelen zwischen sowjetischem und deutschem Antisemitismus“ resümiert die real-antisemitische Lage in Deutschland: „Seit der illegalen Grenzöffnung vom 5. September 2015 sitzt meine gesamte Großfamilie, viele meiner jüdischen Verwandten und Bekannten fast buchstäblich auf gepackten Koffern. Bis dahin wählen sie aber alle die AfD. Zwei bis drei Millionen illegaler Invasoren aus antisemitischen Kulturkreisen machen jüdisches Leben in Deutschland unmöglich.“

Und Emanuel Bernhard Krauskopf, der 1949 in Belgien geborene Sohn eines aus Polen gebürtigen israelischen Irgun-Kämpfers und einer deutschen Jüdin, kommt im Kapitel „Islam und Linke – Über die doppelte Notlage der europäischen Juden und Israels“ zu dem Ergebnis: „Mit Juden hat der Islam nie friedlich auf Augenhöhe gelebt. Einen liberalen, verfassungskonformen Islam gibt es nicht.“ Zwar gebe es durchaus einzelne liberale Muslime, die sich im Westen integriert hätten, aber: „So gut wie alle physischen und verbalen Angriffe gegen Juden seit dem Jahr 2000 sind von Muslimen begangen worden. Berlin, Paris, Brüssel, Kopenhagen und viele andere Städte waren Tatorte. An diesen Tatsachen gibt es nichts zu rütteln.“ 

Angriffe auf Juden von Muslimen

Scharf ins Gericht mit der Politik des Zentralrats der Juden in Deutschland geht auch Wolfgang Fuhl, Jahrgang 1960. Er stammt aus Weil am Rhein und ist derzeit Betriebsratvorsitzender eines mittelständischen Unternehmens und neben Abramovych ebenfalls stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung Juden in der AfD.  Fuhl schreibt über den Zentralrat und seinen derzeitigen Vorsitzenden Josef Schuster: „Seinem eigenen Anspruch, ‚eine Vertretung für alle Juden‘ zu sein, wurde der Zentralrat nicht gerecht. Mit seiner Politik seit 2015 ist er kein Garant mehr für freies jüdisches Leben in Deutschland … Der ZdJ blendet unter Schuster die Fakten aus und übernimmt, Lemmingen gleich, die Manipulationen des politisch-medialen Mainstreams in Deutschland.“ 

Fuhl stellte sich auch die Frage, „in welcher Traumwelt Herr Schuster eigentlich lebt“. Um diese mit einem Beispiel zu dokumentieren, hebt er hervor: „Es gibt keine Juden in Deutschland, die aus dem Haus gehen und zu sich selbst sagen: ‚Hoffentlich treffe ich keinen AfDler, der mich zusammenschlägt oder mich vergewaltigt oder mir ein Messer in den Rücken rammt.‘ Diese Zustände wurden von allen anderen Parteien geschaffen und nicht von der AfD.“

Masseneinwanderung schadet Juden

Im letzten Kapitel „Zionismus und Deutschtum – Über die Möglichkeiten neuer Allianzen“ des Sammelbandes ergreift nochmals Abramovych das Wort und kommt neben vielen deutsch-jüdischen „Lageanalysen“, damit zusammenhängenden „Defekten“ und übriggebliebenen „Beständen“ auf die zwiespältige deutsche Dauer-Vergangenheitsbewältigung zu sprechen, die in ihrer dialektischen Funktion zur Immi-grationsfrage eine fatale Rolle spiele. Sein Argument: „Die Reduktion jüdischer Erfahrung auf eine ‚migrantische‘ und jüdische Geschichte auf eine Leidensgeschichte fällt bereits jetzt insofern auf uns zurück, als deutsche Schandtaten zur Legitimation einer Masseneinwanderung missbraucht werden, die der hiesigen Judenheit das Leben erschwert.“ 

Vera Kosova/ Wolfgang Fuhl/ Artur Abramovych (Hg.): „Was Juden zur AfD treibt: Neues Judentum und neuer Konservativismus – Jüdische Stimmen aus Deutschland“, Gerhard Hess Verlag Bad Schussenried 2019, 170 Seiten, 14,80 Euro