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17.04.20 / Der Wochenrückblick / Allumfassend / Wie Trump seine Gegner in die Falle lockte und was durch Corona alles möglich wird

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16 vom 17. April 2020

Der Wochenrückblick
Allumfassend
Wie Trump seine Gegner in die Falle lockte und was durch Corona alles möglich wird
Hans Heckel

Endlich haben sie ihn von allen Seiten eingekreist, diesen Trump. Anfang der Woche ist die Falle zugegangen, aus der dieser Kerl nie wieder herausfinden wird. So dachte man jedenfalls.

Die Jagdtechnik war simpel, schien aber überaus erfolgreich. Diesem Kesseltreiben konnte der US-Präsident gar nicht entkommen. Erst hieß es, der Mann ist an allem schuld, jeder Covid-19-Tote in den USA ist „sein“ Toter, ist Trumps persönliches Opfer. Der linksgerichtete Gouverneur des besonders heimgesuchten Bundesstaates New York, Andrew Cuomo, wurde uns dagegen als Anti-Trump präsentiert, als der gute Mensch, der verzweifelt versucht, die Fehler in den Griff zu kriegen, die Trump verursacht hat.

Trumps mediale Hinrichtung war eigentlich perfekt konstruiert, doch nun ging etwas schief: Der US-Präsident hat die Schlachtordnung seiner Jäger nämlich entziffert und in aller erdenklichen Dreistigkeit reagiert: „Na und?“, hat er sich wohl gefragt, „wenn ich hier die allumfassende Verantwortung tragen soll, dann habe ich ja wohl auch die allumfassende Macht.“ Genau so hat er es laut Medien in die Öffentlichkeit getragen. „Allumfassende Macht“? Wie bitte? Etliche Gouverneure waren außer sich, selbst ein republikanischer Parteifreund Trumps gesellte sich unter die Protestler. So hatten sie sich das nicht gedacht: Natürlich wollten sie alles, was schiefläuft, ablassen auf den Einen, den sie hassen wie keinen. Doch Leistungen und Erfolge im „Corona-Krieg“ sollten doch bitte schön auf ihr Konto überwiesen werden.

Andrew Cuomo schimpfte sichtlich erregt, dass die USA keinen König hätten (selbst schuld, Anm. d. Red.), sondern eine Verfassung, wo auch die Bundesstaaten ihre Rechte besäßen. Da war‘s passiert. „Bingo!“, hören wir den Beraterstab von Donald Trump jubeln: Sie sind uns auf den Leim gekrochen! Wenn gewisse Gouverneure demnächst noch einmal versuchen sollten, alle Verantwortung für die Misere allein auf Washington abzuwälzen, werden wir sie an die Cuomo-Rede erinnern.

Die meisten deutschen Medien waren über diesen Trump-Auftritt verständlicherweise empört. Entweder haben sie dessen Schachzug gar nicht verstanden, dann ist ihre Erhitzung durchaus verständlich. Oder aber sie haben sehr wohl durchschaut, was der Chef im Weißen Haus mit dieser Einlassung erreicht hat, nämlich das Eingeständnis der Mitverantwortung durch die Gouverneure, und reagieren noch weitaus empörter. 

Sähen die politischen Verhältnisse in den USA anders aus, würden die deutschen Medien ohnehin ein völlig anderes Bild vom Umgang mit dem Corona-Problem jenseits des Atlantiks zeichnen. Hätte Hillary Clinton die Wahl 2016 gewonnen, läsen wir heute mit größter Wahrscheinlichkeit, wie begrenzt die Möglichkeiten einer US-Präsidentin wären, um in einem derart föderalen Land wie den USA eine solche Krise zentral zu managen. Und wäre nicht der von den Demokraten regierte Staat New York, sondern das republikanische Texas die Region mit den meisten Todesfällen, würde dies sicherlich als Beweis für die besondere Unfähigkeit konservativer US-Landespolitiker gewertet.

Auch was Europa angeht, wird nämlich sehr fein abgemessen, ob und inwieweit man die jeweiligen Regierungen in den Senkel stellt für die lausige Corona-Lage in ihrem Land. So kann sich der Konservative Boris Johnson ruhig in sein Landhaus nach Checkers flüchten, der vollen Verantwortung für die schlimme Pandemie-Situation in Großbritannien entkommt er nicht. Die linksgerichteten Regierungen in Madrid und Rom erscheinen in unseren Qualitätsmedien hingegen als Getriebene eines schrecklichen Naturereignisses, für das sie im Grunde nichts können. Und wo der blöde Johnson als zu zaudernd verurteilt wird, hat man uns erst Anfang der Woche einen Emmanuel Macron als „nachdenklich“ ans Herz gelegt. Dem französischen Staatschef haben deutsche Presse-Erzeugnisse frühzeitig das strahlende Etikett des „Hoffnungsträgers“ und „Visionärs“ umgehängt und verteidigen seitdem verbissen ihre damalige Entscheidung.

Indes: Nach Wochen der angespannten Trostlosigkeit dreht der Wind langsam. Nachdem wir uns eine kleine Ewigkeit lang nur über Gefahren und Risiken, über Opfer und „Infektionskurven“ gebeugt hatten, beginnen helle Köpfe, auch die großen Chancen zu erspähen, welche uns die Covid-19-Erfahrung geschenkt hat.

Seit es die freiheitlich-demokratische Ordnung gibt, sinnen gewisse Leute darüber nach, wie man sie wieder abschaffen oder zumindest so gründlich durchlöchern könnte, dass sie kaum noch wiederzuerkennen ist und die Mächtigen auch nicht mehr so schrecklich beim Machtausübern stört. Überall standen ihnen Gesetze im Wege. Und 

zudem die deutschen Bürger, die sich ihre Rechte als Staatsbürger eines demokratischen Gemeinwesens ganz bestimmt nicht mehr so leicht entwinden lassen, oder? 

Durch die Corona-Krise haben wir erkannt: Die Furcht vor den Bürgern war massiv übertrieben. Sofern „Seuchenbekämpfung“ draufsteht, geht plötzlich so gut wie alles. Der Plan der sächsischen Sozialministerin von der SPD, „Quarantänebrecher“ in die geschlossene Psychiatrie einzuweisen, steckt den Rahmen ab, wie weit man sich bereits vorwagt. Zwar ist das Vorhaben vorerst gescheitert, der Protest war dann doch zu laut, die Erinnerung an die psychiatrischen Haftanstalten für politische Abweichler in der sozialistischen Diktatur noch zu frisch. Aber für die Verantwortlichen dürfte das kein Grund sein, die Flinte ins Korn zu werfen. 

War einen Versuch wert. Aber so weit waren die Deutschen eben noch nicht (wieder), dass sie sogar schon solche Maßnahmen schweigend hinnehmen. Probieren wir es später wieder. Immerhin lassen sich die bisherigen Teilerfolge auch ohne den sächsischen Frühstart durchaus sehen.

Wer hätte es vor Kurzem für möglich gehalten, dass die Polizei eine Demonstration von rund 50 Bürgern für die Grundrechte des Grundgesetzes in Berlin einfach so auflösen kann? Dass sich unbescholtene Bundesbürger an Landesgrenzen abweisen oder aus dem Bundesland, in dem ihr Sommerhaus steht, rauswerfen lassen, ohne dass wir einen mittleren Volksaufstand, zumindest eine heftige Protestwelle, erleben? 

(Nebenbei: Hätten die Leute statt des deutschen einen afghanischen Pass in der Tasche und das Wort „Asyl“ auf den Lippen gehabt, hätte man sie an jeder von deutschen Behörden kontrollierten Grenze natürlich passieren lassen.) 

Das alles sind wertvolle Erfahrungen, welche die Mächtigen im Staate mitnehmen in die Zukunft nach Corona. Wenn es dieses „Nach Corona“ überhaupt geben wird. Ausnahmezustände lassen sich den Erfahrungen nach recht lange aufrechterhalten. In Eritrea herrscht seit der Unabhängigkeit im Jahre 1993 ein „Übergangspräsident“, dem offenbar immer neue Ausreden einfallen, warum die Lage im Lande noch nicht „normal“ genug sei für demokratische Verhältnisse.