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24.04.20 / Mietendeckel / Ausgerechnet die Armen bluten / Folgen des rot-rot-grünen Lieblingsprojekts: Rabatt für Gutverdiener – Kosten für Sozialmieter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17 vom 24. April 2020

Mietendeckel
Ausgerechnet die Armen bluten
Folgen des rot-rot-grünen Lieblingsprojekts: Rabatt für Gutverdiener – Kosten für Sozialmieter
Norman Hanert

Mit ihrem Mietendeckel will Berlins rot-rot-grüne Rathauskoalition angeblich die Haushalte auf dem freifinanzierten Wohnungsmarkt entlasten. Profiteure der Regelung sind unter anderem aber die Bezieher hoher Einkommen in angesagten Innenstadtvierteln. Ausgerechnet die Mieter von landeseigenen Sozialwohnungen sollen dagegen für das Wohnen tiefer in die Tasche greifen. 

Drei von insgesamt sechs landeseigenen Berliner Wohnungsunternehmen haben zu Beginn des Jahres bei Tausenden Mietern in Sozialwohnungen die Verwaltungs- und Instandhaltungspauschalen erhöht. Sozialwohnungen sind von der Mietpreisbindung, dem erst im Februar eingeführten „Mietendeckel“, nicht betroffen. Wie zuerst die „Berliner Zeitung“ berichtete, nutzen die städtischen Unternehmen Degewo, Gesobau und die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) auch in diesem Jahr eine Möglichkeit, die ihnen alle drei Jahre eine Kostenanpassung erlaubt. 

Allein die Degewo soll für rund 7800 Sozialwohnungen Erhöhungen ausgesprochen haben. Durchschnittlich beträgt der zusätzlich geforderte Betrag zwar nur sechs Euro pro Wohnung, die betroffenen Mieter der Sozialwohnungen zählen allerdings zu den Teilen der Bevölkerung, die ohnehin über wenig Einkommen verfügen. Das Vorgehen der landeseigenen Gesellschaften zur Kostenanpassung sorgt inzwischen innerhalb der rot-rot-grünen Koalition für Missstimmung.

Erhöhung für 7800 Wohnungen

Die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger sagte, sie sehe den Senat in der Pflicht, „besonders einkommensschwache Mieter in unserer Stadt zu entlasten, und deshalb sollte er darauf hinwirken, dass alle landeseigenen Wohnungsunternehmen auf erhöhte Mietzahlungen komplett verzichten“. Schmidberger weiter: „Es sind zwar keine hohen Mietzahlungen, es geht aber auch um ein Signal an die Berliner Sozialmieter, dass auch sie genauso geschützt werden wie Mieter, deren Wohnungen unter den Mietendeckel fallen.“ 

Aus Sicht des Senats muss das politische Signal tatsächlich als verheerend gewertet werden. Schon als im vergangenen Jahr die Pläne zum Mietendeckel konkreter wurden, fehlte es nicht an Warnungen, die großen Profiteure der Regelung wären vor allem Gut- und Besserverdienende.  Mit der Bekanntmachung der „Ausführungsvorschriften“ im Amtsblatt am 17. April ist der Berliner Mietendeckel inzwischen verbindlich. 

Die veröffentlichten Vorschriften sehen Abschläge und Aufschläge zur staatlich festgesetzten Miete je nach Wohnlage vor. Vermieter dürfen demnach lediglich in Häusern in „guter Wohnlage“ einen Aufschlag von bis zu 74 Cent je Quadratmeter und Monat beanspruchen. Bereits bei „mittlerer“ und „einfacher“ Wohnlage sind Abschläge zur staatlichen Obergrenze vorgesehen. Auf Grundlage dieser Vorgaben können ab November nicht nur Familien mit Durchschnittseinkommen eine Absenkung ihrer Miete fordern. Nutzen können die Regelung auch gut situierte Haushalte, die beispielsweise in teuer gewordenen Szenevierteln wie dem beliebten Prenzlauer Berg in gut sanierten großen Gründerzeitwohnungen zur Miete wohnen. 

„Bürokratisches Ungetüm“

Für die größte Oppositionspartei im Berliner Abgeordnetenhaus, die CDU, deutet das Vorgehen der Degewo auf eine wirtschaftliche Überforderung der landeseigenen Wohnungsunternehmen hin. Tatsächlich lenken die Staatsbetriebe mit ihren Plänen zur Erhöhung der Verwaltungs- und Instandhaltungspauschalen die Aufmerksamkeit auf einen besonders wunden Punkt des Projekts „Mietendeckel“. 

Schon als 2019 die Pläne konkreter wurden, warnten nicht nur private Vermietungsunternehmen, Architekten und das Bauhandwerk, sondern auch gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften, dass die Regelung zu einem Modernisierungsstopp und zu einer schleichenden Verwahrlosung der Bausubstanz führen könne. Auch die gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen und Genossenschaften kalkulieren ihre Mieten bislang so, dass zu den Kosten für Finanzierung und Instandhaltung auch noch Rücklagen für Modernisierung und Neubau übrigbleiben. Der Dachverband der Wohnungsbaugenossenschaften warnte, diese Mittel würden schon einige Monate nach Greifen der Mietobergrenzen-Regelung fehlen.

Vor Kurzem warnte der Zentrale Immobilien-Ausschuss ZIA, der Mietendeckel würde auch die Klimapolitik-Ziele konterkarieren. Denn: Aus Sicht des Verbandes steht zu befürchten, dass sich der Mietendeckel nicht nur negativ auf den Neubau und die Modernisierung auswirkt, sondern auch energetische Sanierungen nur noch zu einem kleinen Teil umgesetzt werden. Zudem kritisierte der ZIA, der Senat etabliere mit dem Deckel ein „bürokratisches Ungetüm“, das die Berliner Verwaltung an die Grenzen des Machbaren bringe.