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24.04.20 / Östlich von Oder und NeißE / Erinnerung an den Erbauer der Jahrhunderthalle / Der 150. Geburtstag des Architekten Max Berg findet auch während der Corona-Pandemie Würdigung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17 vom 24. April 2020

Östlich von Oder und NeißE
Erinnerung an den Erbauer der Jahrhunderthalle
Der 150. Geburtstag des Architekten Max Berg findet auch während der Corona-Pandemie Würdigung
Chris W. Wagner

Man muss als Stadtführer im Corona-Ausnahmezustand erfinderisch sein. Doch an Ideen fehlt es der Breslauerin Malgorzata Urlich-Kornacka und ihren Mitstreitern von „Tuitam“ nicht. Zum 150. Geburtstag des Erschaffers der Jahrhunderthalle, Max Berg, hat sich der Fremdenführerverein „Tuitam“ einen Wettbewerb besonderer Art ausgedacht. „Backen Sie dem Jubilar Max Berg eine Geburtstagstorte, einen Kuchen oder ein Brot und machen Sie Fotos davon, die Sie uns auf unsere Tuitam-Facebookseite schicken“, so Urlich-Kornacka, die für den Gewinner attraktive Preise verspricht. „Als erster Preis winkt eine persönliche Führung durch Breslau“, so die Stadtführerin und Autorin zahlreicher Breslau- und Niederschlesienbücher.

Ein visionäres Projekt

Der Stettiner Max Berg (17. April 1870–22. Januar 1947) ist durch den Bau der Jahrhunderthalle in Breslau, die 1913 fertiggestellt wurde, in die Architekturgeschichte eingegangen. Berg kam 1909 nach Breslau, nachdem er zum Stadtbaurat für Hochbau ernannt worden war. 1911 wurde durch die Stadt ein Wettbewerb für das Ausstellungsgelände und den Ausbau des Zoologischen Gartens ausgeschrieben. 43 Projekte gingen ein, doch keines konnte die Erwartungen der Breslauer Beamten erfüllen. Berg ergriff die Initiative und reichte sein visionäres Projekt aus Stahl und Beton ein. Bei der Vorstellung seiner Idee bediente er sich der innovativen Dia-Projektionstechnik und konnte die Stadträte überzeugen. Kritik kam erst, nachdem der Bau erste Konturen angenommen hatte. Der modernistische Bau wurde spöttisch als auf den Kopf gestellter Kartoffelkorb, Hut oder Torte bezeichnet. Dabei stand für Bergs Gesamtarchitektur mit Rotunde das um 118 n. Chr. fertiggestellte Pantheon in Rom Pate. Der Architekt griff auch auf dessen bis dahin nie wieder nachgeahmte Kuppelkonstruktion zurück.

Berg ließ sich nicht beirren und nach nur 13 Monaten Bauarbeiten wurde sein Werk fertiggestellt – sechs Wochen eher als geplant. Ausgegeben wurde die damals horrende Summe von zwei Millionen Mark, was heute etwa zehn Millionen Euro entspräche. Vom 20. Mai bis 26. Oktober 1913 wurde in den Pavillons und auf dem Freigelände die Jahrhundertausstellung zur Erinnerung an die deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon I. gefeiert. Die niederschlesische Metropole gedachte damit des 100. Jubiläums des Aufrufes: „An Mein Volk“. Mit diesem hatte sich der preußische König Friedrich Wilhelm III. in Breslau an sein Volk gewandt und mit der Mobilisierung seines Volkes letztlich die Kriegswende eingeleitet. 

Zur feierlichen Eröffnung der Jahrhundertausstellung reiste  Kronprinz Wilhelm an. Am 31. Mai 1913 wurde in der Jahrhunderthalle das „Festspiel in deutschen Reimen“ in der Inszenierung von Max Reinhardt aufgeführt. Dieses Werk hatte Gerhart Hauptmann extra für diesen Anlass verfasst. Die im Stück enthaltene Kriegskritik löste Proteste von Kriegerverbänden  aus und letztlich wurde das Festspiel vorzeitig abgesetzt.

Zu Bergs Entwürfen in Breslau gehören sein eigenes Haus an der Kopernikusstraße, die Heilanstalt Bethanien, das Stadtbad an der Ecke Tiergartenstraße/Marienstraße, das Südliche und das Nördliche Wasserkraftwerk an der Oder und die Kapelle am Oswitzer Friedhof. „Wir wollen den Breslauern und den Besuchern zeigen, dass diese Stadt immer noch nicht gänzlich entdeckt wurde. Wir stecken in diese Aufgabe unser ganzes Herz, denn wir sind von der Besonderheit dieser Stadt überzeugt. Ich hoffe, dass Max Berg auf unsere Bestrebungen herunterschaut, wo auch immer er sich befindet“, hofft Magdalena Piasecka, Chefin der Jahrhunderthalle. Sie ruft dazu auf, während der Pandemie an virtuellen Führungen durch die Jahrhunderthalle teilzunehmen. Piasecka hat für polnischsprachige Besucher eine Filmreihe über Max Berg angekündigt, die jeden Sonntag bis zum Jahresende auf #HalaNaMAXA (ein Wortspiel das im Polnischen einen Superlativ andeutet) zu sehen sein wird. Am 20. Mai wird das 107. Jubiläum der Jahrhunderthalleneinweihung mit Erinnerungen Breslauer Prominenter an dieses Monument gefeiert.