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24.04.20 / Seuchen / Der Schwarze Tod ist „auf Sendung“ / Die Pest des Mittelalters zeigt erstaunliche Parallelen zur heutigen Pandemie – In Herne ist das eine dem anderen zum Opfer gefallen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17 vom 24. April 2020

Seuchen
Der Schwarze Tod ist „auf Sendung“
Die Pest des Mittelalters zeigt erstaunliche Parallelen zur heutigen Pandemie – In Herne ist das eine dem anderen zum Opfer gefallen
Veit-Mario Thiede

In Zeiten wie diesen hätte eine Ausstellung zur Pest der Publikumsrenner sein können. Als die Macher vom Museum für Archäologie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Herne ihre „Pest“-Schau planten, wussten sie noch nichts von der Corona-Pest, die uns heute heimsucht. Jetzt steht die Pest selbst solange unter Quarantäne, bis das Museum wieder öffnen darf. 

Dafür ist die „Pest auf Sendung“: Auf der Internetseite des LWL-Museums kann man an einer digitalen Führung durch die Ausstellung „teilnehmen“ (www.pest-ausstellung.lwl.org/de). Von dort gelangt man zu YouTube-Videos, in denen Ausstellungskurator Stefan Leenen auch einen Vergleich zwischen Pest und Corona zieht und Parallelen in den Verhaltensmustern der Menschen sieht.

 Verursacher der Pest, so lernen wir, ist das Bakterium „Yersinia pestis“. Sein Wirt sind Hausratten und andere Nagetiere. Flöhe nehmen das Bakterium mit dem Blut des Wirtes auf und übertragen es mit ihren Stichen auf Menschen. Die erleiden dann zumeist die sich durch eitrig geschwollene Lymphknoten äußernde „Beulenpest“. Bei der „septikämischen Pest“ befallen die Erreger innere Organe.

Durch übermäßige Blutgerinnung färben sich Finger und Zehen schwarz und sterben ab. Bei der durch Tröpfcheninfektion auch von Mensch zu Mensch übertragbaren „Lungenpest“ bewirken die Erreger eine schwere Lungenentzündung.

Als die Pest 1347 in Europa ausbrach und in mehreren Wellen bis ins 18. Jahrhundert auftrat, kam ein Viertel bis ein Drittel der Bevölkerung um. Als Verursacher der Pest galten giftige Dämpfe. Halfen gegen diese Masken, deren Schnäbel mit Duftstoffen gefüllt waren? Zwar wird die auf zahlreichen Bildern dargestellte Schnabelmaske heute als Erkennungszeichen des mittelalterlichen Pestarztes angesehen, aber anders als der heutige Mundschutz war sie seinerzeit wenig gebräuchlich. 

Und was verschrieb „Doktor Schnabel“ seinen Patienten gegen die Pest? Ausgestellt sind Blattgold, Elfenbein, rote Koralle, Wein und weitere Zutaten der für Kurfürst Moritz von Sachsen Mitte des 

16. Jahrhunderts erdachten Medizin. Aber in altem Bier aufgekochte Wurzeln und Kräuter tun es auch, wie das im selben Arzneibuch verzeichnete Rezept für die armen Leute behauptet. „Die Pest verschwand in Europa auf unerklärliche Weise“, wie Museumsleiterin Doreen Mölders berichtet. Das hofft man auch bei Corona.

Aber andernorts fordert die Pest noch immer Opfer. Zum Beispiel in der Mongolei und auf Madagaskar. Dem Arzt Alexandre Yersin gelang es 1894, den Pesterreger zu identifizieren. Das Bakterium ist nach seinem Entdecker benannt: „Yersinia pestis“. Letztes Ausstellungsstück ist eine „Streptomycin-Ampulle“. Dieser 1943 von einem amerikanischen Forscherteam entdeckte Wirkstoff lässt die Pest erregenden Bakterien absterben und ist bis heute das bevorzugte Mittel bei der Bekämpfung von Pesterkrankungen.

Ursprünglich sollte die Schau bis 10. Mai laufen. Ob sie nach Ende der Zwangsschließung des Museums weiterläuft, stand bis Redaktionsschluss nicht fest.