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30.04.20 / Analyse / Ramadan in den eigenen vier Wänden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18 vom 30. April 2020

Analyse
Ramadan in den eigenen vier Wänden
Bodo Bost

Fasten gehört zu den geistigen Übungen und Verpflichtungen in allen großen Religionen. Im Islam, wo der diesjährige Fastenmonat Ramadan am 

24. April begonnen hat und bis zum 23. Mai dauert, gehört das Fasten im Fastenmonat Ramadan zu einer der fünf Säulen dieser Religion. Das Fastengebot gilt von Sonnen- bis Untergang. Allerdings gibt es auch von dieser Richtschnur Ausnahmen, zum Beispiel in Skandinavien, sonst könnten dort, wenn der Ramadan auf den Sommer fällt und die Sonne drei Wochen nicht untergeht, keine Muslime leben. 

Das Fasten hat im Islam, entgegen eines weitläufigen Missverständnisses, keinen asketischen Charakter wie im Christentum, sondern eher einen rituellen Charakter. Im Grunde wird auch nicht gefastet, sondern Essen nur auf die Nachtzeiten verschoben. Der Fastenmonat Ramadan wird nicht als Buße eingehalten, auch nicht zur Versöhnung mit Gott, sondern einfach, weil es Gottes Befehl, also eine Pflicht ist. 

Ein Fasten zu Hause kennen viele Muslime nicht

Das Fasten wird für viele Muslime jedoch in diesem Jahr deshalb schwerer sein als gewöhnlich, weil sie durch Corona auf einen wichtigen Bestandteil des Ramadan verzichten müssen, das religiöse und soziale Gemeinschaftserlebnis nach dem täglichen Fastenende. Auch das Pilgerwesen in den Heiligen Stätten des Islams ist bis auf Weiteres eingestellt. Nur in einigen Staaten wie Pakistan, sind die Moscheen geöffnet. 

Aber Fasten und Beten ist nicht alles im Ramadan. Das Fastenbrechen (Iftar) wird traditionell gemeinschaftlich in der Großfamilie oder mit Freunden gefeiert. Außerdem spielen im Ramadan karitative Gemeinschafts-Elemente, wie Armenspeisungen und das Almosengeben für die Armen (Zakat) eine besondere Rolle. Manche islamischen Länder verschieben jetzt wegen des Ramadan die Corona-bedingten Ausgangssperren etwas nach hinten, damit man nach dem Sonnenuntergang, an dem das Fasten endet, wenigstens noch einkaufen gehen kann. Aber die Ramadan-Nächte, in denen oft drei Mahlzeiten in der Nacht hintereinander zu sich genommen werden, müssen jetzt zum Großteil zu Hause verbracht werden. 

Universität schlägt Verschiebung des Fastens vor

Die höchste religiöse Autorität der sunnitischen Muslime, die vor mehr als 1000 Jahren gegründete Al-Azhar-Universität in Kairo, hatte im Vorfeld des Ramadan eine terminliche Verschiebung des Fastens angeregt, weil durch das Fasten, wenn es rigide praktiziert wird, „eine Schwächung des Immunsystems während der Pandemie und entsprechende Konsequenzen für Millionen von Muslimen“ befürchtet werden. Dies könnte, da das Fasten den Körper schwächt, der Krankheit Vorschub leisten. Doch in der islamischen Welt gilt die Autorität der Al-Azhar nur noch wenig. Die salafistische Szene hat diese Empfehlung bereits strikt abgelehnt, da kranke, alte und schwache Menschen ohnehin vom Fasten verschont seien. 

Da man eine Coronainfektion oft erst Wochen später erkennt, ist auch eine Definition, wer überhaupt „krank“ ist, in der heutigen Zeit wie so Vieles fast unmöglich. Entsprechend wird erwartet, dass auch die Religionspolizeien, die es in fast allen islamischen Ländern gibt und in einigen sogar gerade ausgebaut werden, in diesem Jahr nachsichtiger bei Kontrollen des Fastengebots sind. Da die Religionspolizisten an den Schwellen der Privathäuser Halt machen müssen, das Kopftuchgebot gilt ja auch nur in der Öffentlichkeit außerhalb der Privathäuser, haben die dann in diesem Jahr beim Fasten zu Hause ohnehin weniger Arbeit als sonst. 

Der Ramadan ist auch eine Zeit des Friedens

In den letzten Jahrzehnten wird auch der Ramadan zur intensivierten islamischen Selbstdarstellung benutzt. Dadurch haben sich in der Zeit des Ramadan in den letzten Jahren auch die Konflikte in der ohnehin nicht konfliktarmen islamischen Welt potenziert, so als ob gerade der Ramadan solche Konflikte anheizt, dabei war der Ramadan ursprünglich auch ein Monat des Waffenstillstands und der Versöhnung zwischen Kriegsparteien. Nur ein friedlicher Ramadan ist ein guter Ramadan, soll der Prophet gesagt haben.  In Zeiten von Corona sind die Chancen dazu vielleicht sogar besser als sonst.