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30.04.20 / glasKultur / Richtig viel Pech gehabt und gesiedet / Sachsens einziges Glasmuseum widmet sich den Pechkochern – Ausstellung wird nach Lockdown-bedingter Unterbrechung verlängert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18 vom 30. April 2020

glasKultur
Richtig viel Pech gehabt und gesiedet
Sachsens einziges Glasmuseum widmet sich den Pechkochern – Ausstellung wird nach Lockdown-bedingter Unterbrechung verlängert
D. Jestrzemski

Mit der launigen Überschrift „Steinschläger – Pechkocher – Herzensbrecher“ macht das Glasmuseum Weißwasser in der Oberlausitz auf seine derzeitig noch geschlossene Sonderausstellung aufmerksam. Die Schau im einzigen Glasmuseum Sachsens, das darauf hofft, nach der Zwangsschließung wegen Corona am 

4. Mai wieder öffnen zu dürfen, bietet einen Querschnitt der archäologischen Funde und Befunde aus den letzten 

25 Jahren im Vorfeld der nahe gelegenen Tagebaue Nochten und Reichwalde.

Der Förderverein des Museums hatte sich dafür eingesetzt, dass die ausgegrabenen kulturellen Zeugnisse der lokalen Besiedlungsgeschichte auch vor Ort gezeigt werden. Konzipiert wurde die Schau in Dresden im Landesamt für Archäologie Sachsen, das die archäologischen Untersuchungen im Vorfeld des Braunkohletagebaus durchführt. 

Die erfassten Spuren menschlicher Besiedlung reichen von der Jungsteinzeit bis ins 19. Jahrhundert. Noch älter sind Holzreste, die eine Veränderung der Landschaft während der Nacheiszeit aufgrund des Temperaturanstiegs anzeigen. Vor rund 14.000 Jahren versank ein Nadelwald im Moor, das sich während des stetigen Temperaturanstiegs herausbildete. Ein besonderer Raum ist der Bronzezeit gewidmet. 2017 wurde im Vorfeld des Tagebaus Nochten ein vollständiger bronzezeitlicher Siedlungsplatz mit zugehörigem Wirtschaftsareal und einem größeren Urnenfeld ausgegraben. 

Das erfasste Areal von zwei Hektar wurde zwischen 1400 und 1000 v. Chr. genutzt. Speziell widmet sich die Ausstellung ferner der Eisenverhüttung in der spätrömischen Kaiserzeit und, wie in der Überschrift angezeigt, der Pechsiederei, einem für die Oberlausitz wichtigen Wirtschaftszweig im Mittelalter. Einst wurde das begehrte Produkt der Pechkocher bis nach Holland für den Schiffbau geliefert. 

2014 erreichte der Tagebau schließlich den Jagdpark des einstigen Jagdschlosses, den der Landschaftsgestalter und „Herzensbrecher“ Fürst Pückler-Muskau anlegen ließ. Hier stießen die Archäologen auf Fundamente des Chinesischen Turms und andere Relikte aus der Zeit des Fürsten Pückler. Zuvor waren die jahrhundertealten Bäume aus dem Park und dem „Urwald von Weißwasser“ gefällt worden, was nicht nur die Anwohner sehr bedauerten. Anschließend verschlangen die riesigen Tagebaubagger die Reste der Kulturlandschaft.  

Das Glasmuseum Weißwasser befindet sich seit 1996 in der rekonstruierten Villa des Glasfabrikanten Wilhelm Gelsdorf. Dieser zog 1877 zusammen mit 

26 Glasmacherfamilien aus Schlegel [Slupiec] bei Neurode [Nowa Ruda] nach Weißwasser, übernahm die kurz zuvor in Betrieb genommene Glasfabrik und legte damit den Grundstein für die florierende lokale Glasindustrie. 

Ende der 30er Jahre war Weißwasser der bedeutendste Ort für die Glasproduktion in Europa. In der eindrucksvoll inszenierten Dauerausstellung mit über 60.000 Exponaten nimmt die Darstellung dieser Entwicklung einen Schwerpunkt ein. 2016 bewarb sich das Museum um die Aufnahme in die Liste des immateriellen Unesco-Kulturerbes.