26.04.2024

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30.04.20 / Rominter Heide / Zeugen von Kaiser Wilhelms II. Jagderfolgen / Sogenannte Kaisersteine findet man in der brandenburgischen Schorfheide sowie im südlichen und nördlichen Ostpreußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18 vom 30. April 2020

Rominter Heide
Zeugen von Kaiser Wilhelms II. Jagderfolgen
Sogenannte Kaisersteine findet man in der brandenburgischen Schorfheide sowie im südlichen und nördlichen Ostpreußen
Wolfgang Reith

Ebenso wie in der brandenburgischen Schorfheide findet man in der ostpreußischen Rominter Heide zahlreiche Gedenksteine, die an die lange jagdliche Tradition dieser Gegend erinnern und die, einem allgemeinen Brauch folgend, von preußischen Forstbeamten errichtet wurden. 

Neben einzelnen Steinen, die besonders verdienstvollen Förstern oder Jägern gewidmet sind, handelt es sich bei den meisten um Zeugnisse, welche die Jagderfolge des letzten deutschen Kaisers dokumentieren, weshalb hier auch von Kaisersteinen gesprochen wird. Schließlich bildeten beide Wald- und Heidelandschaften die bevorzugten Jagdgründe Kaiser Wilhelms II., die er regelmäßig im Herbst aufsuchte. Zur Rotwildbrunft jagte der Mo-narch ab Mitte September zunächst in der Schorfheide, Ende des Monats fuhr er in seinem Sonderzug dann weiter in die Rominter Heide. Sein erster Jagdaufenthalt dort datiert vom 23. September 1890, am 2. Oktober 1913 ging er zum letzten Mal auf die Pirsch, denn während des Ersten Weltkrieges jagte er nicht.

Während die Gedenksteine in der Schorfheide vollständig kartographiert und deshalb leicht aufzufinden sind, muss man sie in der Rominter Heide mühsam suchen. Erschwerend wirkt hierbei die Tatsache, dass die Region seit 1945 von der Grenze durchzogen wird, die den südlichen, polnisch verwalteten Teil Ostpreußens vom nördlichen, russisch verwalteten Königsberger Gebiet trennt. Abgesehen von den offiziell eingerichteten Übergängen ist diese Demarkationslinie hermetisch abgeriegelt, bildet sie doch die Außengrenze der Europäischen Union. Auf russischer Seite wurde nach Erweiterung des Grenzgebiets im Frühjahr 2007 ein 700 Meter breiter Sicherheitsstreifen angelegt, und so benötigt jeder, der die Gegend bereisen will, unbedingt eine Sondergenehmigung (propusk), die man nur in Königsberg beantragen kann und dann erhält oder auch nicht, und ohne die selbst für Einheimische die Randbereiche der Rominter Heide nicht zugänglich sind. Genau in dieser Umgebung aber stehen einige Gedenksteine, und so blieb es bisher nur wenigen Personen vorbehalten, die dortigen Relikte aus der Zeit vor 1914 auszukundschaften.

Neben vielen anderen steinernen Zeugen gibt es in der Schorfheide nur fünf für die Jagderfolge Kaiser Wilhelms II. aufgestellte Steine, wohingegen in der Rominter Heide insgesamt 14 solcher Kaisersteine bekannt sind, davon acht auf polnischem Hoheitsgebiet, das heute nur rund ein Drittel des einstigen Hofjagdreviers des deutschen Monarchen ausmacht, und sechs auf dem zweimal größeren russischen Areal. 

Die Steine auf der polnischen Seite wurden schon vor Jahren liebevoll restauriert und können auf markierten Wanderwegen an der Strecke zwischen Goldap und Szittkehmen, seit 1938 Wehrkirchen [Zytkiejmy] erkundet werden. Einer war zwischenzeitlich ins Erdreich abgesunken und nicht mehr an der Erdoberfläche zu sehen, doch wurde er gehoben und seine Aufschrift ebenfalls erneuert. Von den acht Gedenksteinen sind sechs beschriftet, zwei sind ohne Inschriften. Es ist denkbar, dass diese für Jagderfolge des Jahres 1913 gedacht waren – der letzte Aufenthalt des Kaisers in der Rominter Heide datiert aus dem Zeitraum zwischen dem 22. September und dem 2. Oktober 1913 –, es aber wegen des ein Dreivierteljahr später beginnenden Krieges nicht mehr zu einer Beschriftung kam, zumal die Russen schon sehr bald nach Ausbruch der Kampfhandlungen in die Gegend eindrangen. 

Obwohl die sechs Kaisersteine auf der russischen Seite inzwischen lokalisiert werden konnten, sind sie kaum oder nur schwer ausfindig zu machen, da es keine ausgewiesenen Wanderwege und keine Beschilderung gibt. Die russischen Behörden des Königsberger Gebietes hatten zwar schon 2002 bekundet, die Steine ebenso restaurieren zu wollen, wie das auf polnischer Seite geschah, doch es dauerte noch Jahre, bis man damit begann. 

Zuerst wurde ein Stein restauriert, der in der Nähe der früheren Oberförsterei Warnen [Ozerki] steht und die Jagderfolge des Kaisers über mehrere Jahre hinweg (1903–1908) dokumentiert. Das ehemalige Forsthaus beherbergt eine Pension und ist daher ein touristischer Anlaufpunkt. Ganz in der Nähe befand sich einst auch das Dorf Jagdbude, die älteste urkundlich erwähnte Ortschaft in der Rominter Heide, die aber heute nicht mehr existiert. 

Ebenso restauriert wurde ein Stein vom 30. September 1912, zudem notdürftig repariert ein Stein vom 27. September 1898 nahe der einstigen Oberförsterei Nassawen [Lessistoje], der zahlreiche Einschusslöcher aufweist. Eine gleiche Verunstaltung ist auch an dem letztgenannten auf polnischer Seite stehenden Stein (vom 28. September 1912) zu erkennen, wo man die Einschusslöcher so gut es eben möglich war, verputzt hat. Die übrigen Kaisersteine wurden teilweise gereinigt; aber weil man die Schriftzüge noch nicht erneuert hat, ist der Text an einigen Stellen kaum zu entziffern. 

Auf der russischen Seite befindet sich auch der älteste Stein von der ersten Jagd des Kaisers am 23. September 1890, der lange Zeit als verschollen galt und erst vor wenigen Jahren wiederentdeckt wurde, dessen Inschrift aber auch nur teilweise lesbar ist.

Bleibt zu hoffen, dass auch die russische Seite die Bedeutung des Tourismus für die Rominter Heide auf ihrem Hoheitsgebiet erkennt und die entsprechenden Maßnahmen vor Ort ergreift, damit mehr Menschen diese reizvolle urtümliche Landschaft besuchen.