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30.04.20 / Raumfahrt / Willkommen in der Zukunft / 40.000 künstliche Sterne – US-Unternehmer Elon Musk überzieht die Erde mit einem Netz aus Satelliten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18 vom 30. April 2020

Raumfahrt
Willkommen in der Zukunft
40.000 künstliche Sterne – US-Unternehmer Elon Musk überzieht die Erde mit einem Netz aus Satelliten
Harald Tews

Für Himmelsbeobachter war der April perfekt: kaum Flugzeuge am Himmel, keine Kondensstreifen und nahezu bundesweit immer ein klarer, wolkenloser Nachthimmel. Fast schon konkurrenzlos leuchtete die Venus wie ein „Star“ am Westhimmel.

Ungefähr aus der Richtung, aus der Venus so hell schien, haben Nachtschwärmer an manchen Abenden UFO-ähnliche Objekte beobachten können. Es waren Lichter, die wie an einer Perlenkette aneinandergereiht zu sein schienen. So mancher vermutete dahinter einen Kometenschauer. Tatsächlich war es irdischen Ursprungs. Es handelte um eine Reihe von Satelliten, die nach einem Raketenstart in den USA in die nahe Erdumlaufbahn gebracht wurden. 

Im Schatten der Corona-Berichterstattung ging beinahe unter, dass Elon Musk, der Chef des kalifornischen E-Auto-Herstellers Tesla, mit seinem kommerziellen Starlink-Projekt die ersten von tausenden Satelliten ins All befördert hat. Und hätte es den klaren Nachthimmel nicht gegeben, so hätte hierzulande kaum jemand von diesem nicht unumstrittenen Unternehmen Notiz genommen.

In den nächsten sieben Jahren will Musk knapp 12.000 Satelliten im All aussetzen. In der nahen Erdumlaufbahn zwischen 340 und 570 Kilometern Höhe sollen sie verteilt ein erdumspannendes Kommunikationsnetz zur schnellen Datenübertragung ergeben. Damit soll Internet von jedem Punkt der Erde aus möglich sein, und zwar kabellos und schneller als alles Bisherige. Mittels Laserübertragung kommunizieren die Satelliten in Lichtgeschwindigkeit. Eine in der Antarktis abgeschickte E-Mail kommt dann ohne Zeitverzögerung in der Sahara an.

Ein Wahnsinn, der für das von vielen als „digitales Entwicklungsland“ bezeichnete Deutschland zunächst positiv klingt. Viele vom Internet abgeschnittene ländliche Gebiete hätten dann auf einmal superschnelles Internet. Aber zu welchem Preis? Musk ist kein Heiliger, sondern ein knallharter Kapitalist, der sich seine zehn Milliarden US-Dollar teure Weltrauminvestition gut bezahlen lässt und auf einen Jahresumsatz von 30 Milliarden Dollar spekuliert, wenn genug Kunden sein Internet nutzen. Und von Datensicherheit soll hier gar nicht erst die Rede sein.

Wenn die ersten 500 Satelliten im All sind, könnte das neue Internet schon in diesem Sommer an den Start gehen. Musk liegt mit seiner SpaceX-Firma gut im Zeitplan. Bis zum 22. April haben seine Falcon-Raketen zumeist von Florida aus 

420 Starlink-Satelliten in den Orbit gebracht. Sie werden von den wiederverwendbaren Trägerraketen, die nach ihrem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre in aufrechter Position auf Lande-Plattformen aufsetzen können, in Bündeln von 

60 Stück in die Umlaufbahn geschickt. Es braucht also nur zweier weiterer Raketenstarts bis die 500er-Marke geknackt ist.

Langfristig will Musk über die bereits genehmigten 12.000 Kühlschrank-großen und 220 Kilogramm schweren Satelliten hinaus weitere 30.000 ins All schicken. Sie schweben dann immer noch in Abständen von 500 Kilometern durch den Orbit, dennoch sind es dann fünf Mal so viele Raumfahrzeuge, wie die Menschheit seit den 50er Jahren in die Erdumlaufbahn geschossen hat. Musk wird dabei auf wenig Widerstand treffen, denn der Weltraum gilt als rechtsfreier Raum, den sich auch andere private Anbieter wie OneWeb oder Amazon mit eigenen Weltraumprojekten zunutze machen wollen. Musk selbst plant, im Mai sogar eine bemannte Mission zur Raumstation ISS zu schicken. 

SpaceX verspricht, defekte Satelliten auszutauschen oder kontrolliert in der Erdatmosphäre verglühen zu lassen. Sicher ist trotzdem, dass der Weltraumschrott zunehmen wird. Schon ein kleinstes mit 25.000 Stundenkilometern fliegendes Schrapnell könnte einen Satelliten in seine Einzelteile zerlegen, die dann wie Schrotkugeln weiteres Unheil anrichten können. Der Kinofilm „Gravity“ von 2013 zeigt das sehr anschaulich. Astronomen befürchten außerdem, dass die vielen Satelliten ihre Himmelsbeobachtungen stören werden. Auf jeden Fall aber kann jeder jetzt schon viele neue „fliegende Sterne“ wahrnehmen. Auf www.findstarlink.com kann man einsehen, wann welcher Satellit über welchen Ort hinwegfliegt.