25.04.2024

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08.05.20 / Hotel und Gastronomie Diese Branche ist durch die staatlichen Maßnahmen gegen Corona besonders betroffen. Allerdings plagen den Wirtschaftszweig daneben diverse andere, ältere, strukturelle Probleme / Der Abwärtstrend begann schon früher / Was neben dem „Lockdown“ sonst noch zur aktuellen Krise in der Branche beiträgt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19 vom 08. Mai 2020

Hotel und Gastronomie Diese Branche ist durch die staatlichen Maßnahmen gegen Corona besonders betroffen. Allerdings plagen den Wirtschaftszweig daneben diverse andere, ältere, strukturelle Probleme
Der Abwärtstrend begann schon früher
Was neben dem „Lockdown“ sonst noch zur aktuellen Krise in der Branche beiträgt
Wolfgang Kaufmann

Laut Aussage der Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), Ingrid Hartges, könnten aufgrund der Corona-Krise bis zu 70.000 Beherbergungsunternehmen und Restaurants hierzulande Konkurs anmelden. Das wäre ungefähr ein Drittel aller derzeit existierenden Betriebe. Noch düsterere Szenarien malt der stellvertretende DEHOGA-Bezirksvorsitzende von Unterfranken, Thomas Dauenhauer. Die gesamte Branche sei bereits jetzt am Ende, und das werde gravierende Konsequenzen haben. „Falls Sie glauben, dass irgendjemand in diesem Sommer oder Herbst in einem Biergarten sitzen wird: Vergessen Sie es.“ Und tatsächlich ist die Lage im Hotel- und Gaststättengewerbe dramatisch.

Viele Probleme sind hausgemacht

Die wegen der Corona-Pandemie verordneten flächendeckenden Schließungen trafen viele Wirte und Hoteliers gerade zum ersehnten Ende der winterlichen Durststrecke vor Saisonbeginn. Nun sitzen sie auf ihren perspektivisch angeschafften Vorräten und müssen Umsatzeinbrüche von bis zu 100 Prozent hinnehmen. Zugleich fallen die Fixkosten für Miete oder Pacht sowie Strom für die Kühlanlagen weiter an. Und wer sich gegen all dies mit einer Betriebsschließungsversicherung zu wappnen versucht hat, darf jetzt erleben, wie nicht wenige Assekuranzen die Schadenregulierung unter fadenscheinigen Begründungen verweigern. So unter anderem der, dass SARS-CoV-2 doch „ein ganz neuartiges“ Virus und deshalb kein versichertes Risiko sei.

Inzwischen gab es bereits erste große Pleiten. Unter anderem waren die Restaurantketten Vapiano und Maredo gezwungen, Insolvenz anzumelden. Im Falle Vapianos sind davon 230 Betriebe mit 10.000 Mitarbeitern in über 30 Ländern betroffen. 

Das Beispiel Vapiano zeigt, dass die Corona-Krise oft nur der berühmte letzte Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen bringt. Das Unternehmen hatte jahrelang eine aggressive Expansionsstrategie verfolgt, was am Ende zur finanziellen Überlastung führte. Und so verhält es sich auch in vielen anderen Fällen. Die Hotel- und Gaststättenbranche kämpft schon seit Längerem mit hausgemachten oder vom Staat verursachten Problemen. Beispielsweise sind manche Betriebsinhaber schlichtweg unfähig, adäquat auf veränderte Kundenwünsche einzugehen und aus den Rückmeldungen der Gäste im Internet die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Ebenso befinden sich unter ihren Mitarbeitern nicht nur engagierte Fachkräfte, sondern auch viele demotivierte, weil schlecht bezahlte Personen.

Der Staat wiederum drangsaliert Hotels und Gaststätten mit ständig neuen gesetzlichen Vorschriften vom Brandschutz bis hin zu Rauch- und anderen Verboten sowie ausufernden Dokumentationspflichten. Dadurch entstehen erhebliche Mehrkosten. Dazu kommen kommunale Betten-Steuern sowie Abgaben für die Nutzung von Freiflächen, deren Höhe ständig steigt. Gleichzeitig schmälern die explodierenden Energiekosten den Gewinn. 

Auch der Staat ist nicht schuldlos

Infolge all dessen setzte bereits Mitte der 1990er Jahre ein allgemeines Hotel- und Gaststättensterben ein. Seitdem hat jeder zweite Restaurant- oder Kneipen-Betreiber aufgegeben. Nicht ganz so dramatisch verlief die Entwicklung in der Hotelbranche. Doch schlossen allein zwischen 2005 und 2016 um die 3500 Beherbergungsbetriebe – das waren knapp 14 Prozent des Gesamtbestandes. Der Abwärtstrend begann also auch hier lange vor der Corona-Krise.





Kurzporträts

Die DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges fordert einen staatlichen Rettungsfonds für die angeschlagene Hotel- und Gastronomiebranche

Nach Meinung des DEHOGA-Vizechefs von Unterfranken, Thomas Dauenhauer, hat die Gastronomie und Hotellerie in Deutschland keine Zukunft mehr

Martin Dulig ist in Sachsen Vorsitzender der SPD, Stellvertreter des Ministerpräsidenten und seit 2014 Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr