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08.05.20 / AFD / Die Partei übt weiter Selbstbeschäftigung / Das Fehlen einer Linie in der Corona-Frage ist nur eines der Probleme der Alternative für Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19 vom 08. Mai 2020

AFD
Die Partei übt weiter Selbstbeschäftigung
Das Fehlen einer Linie in der Corona-Frage ist nur eines der Probleme der Alternative für Deutschland
Peter Entinger

In der AfD gehörte Christian Lüth quasi zum Inventar. Der Pressesprecher überlebte die Gründungsriege um Bernd Lucke, überstand auch den Austritt von Frauke Petry. Nun ist er selbst gestürzt. Der 43-jährige Familienvater bezeichnete sich in einem Whats-App-Chat mit einer Frau laut „Zeit Online“ als Faschist und soll mit Bezug auf seinen Großvater von seiner „arischen“ Abstammung gesprochen haben. Bei der Frau handelte es sich offenbar um eine Bewerberin für eine Stelle in der AfD-Bundestagsfraktion, deren Pressestelle Lüth bis zur vergangenen Woche geleitet hat. Er galt lange als Vertrauter des Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland, der gemeinsam mit Alice Weidel die Fraktion führt. 

Und in dieser ist die Stimmung ziemlich schlecht. Seit Wochen liegt die AfD in Meinungsumfragen deutlich unter ihrem Wert der Bundestagswahl 2017. Während die Werte in den mitteldeutschen Ländern auf hohem Niveau stagnieren, befindet sich die Partei in einigen westdeutschen Ländern im freien Fall. Nur noch sechs Prozent würden derzeit die Partei in Bayern und Nordrhein-Westfalen wählen, in Schleswig-Holstein wären es sogar nur vier Prozent. 

„Das ist eine Momentaufnahme. In der Stunde der Corona-Krise sind die Regierenden stark. Ich mache mir keine Sorgen“, verkündete der Bundessprecher Jörg Meuthen, der zum Gesicht der Krise zu werden droht. Vor Wochen brachte der Wirtschaftswissenschaftler eine Spaltung der Partei ins Spiel, um sich vom rechten Flügel abzugrenzen. Die deutliche Mehrheit im Parteivorstand um seinen Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla ging auf Distanz. Um Meuthen wird es einsam. Als Einziger des engen Führungszirkels gehört der Europaabgeordnete nicht der Bundestagsfraktion an. 

Pressesprecher Lüth freigestellt

Dort rang man zuletzt um eine einheitliche Linie in Sachen Corona. Während Weidel früh vor den Gefahren einer Pandemie warnte, verspotteten andere Abgeordnete das Virus als „eine Art Schnupfen“. Nun versucht sich die Partei als Anti-Shutdown-Partei zu inszenieren. Doch das gelingt nur bedingt. Kommunikationsexperten haben herausgefunden, dass die Interaktionen auf den Social-Media-Kanälen der Partei zuletzt um die Hälfte zurückgingen, obwohl die Partei so aktiv wie nie gewesen sei. 

Wie das Zweite Deutsche Fernsehen berichtet, sei vielen in der Fraktion der Corona-Kurs der Vorsitzenden Weidel lange Zeit zu defensiv gewesen. Sie verhalte sich, so ein Fraktionsmitglied, wie ein „Schoßhund der Regierung“. Nun ist Weidel auf den Mehrheitskurs umgeschwenkt, unterstützt die Forderungen nach einem sofortigen Ende der Corona-Maßnahmen. Die 41-Jährige ist die Schlüsselfigur im aktuellen Machtkampf. Sie steht an der Spitze der Fraktion, ist stellvertretende Sprecherin der Bundespartei und führt den unruhigen Verband in Baden-Württemberg allein. Dort wird ein Spitzenkandidat für die Landtagswahl im kommenden Frühjahr gesucht, der das Ergebnis von 2016, 15,1 Prozent, zumindest halbwegs halten kann. Wenige Wochen später dürfte die Landesliste zur Bundestagswahl gewählt werden. Weidel hat verdeutlicht, dass sie die nächste Bundestagsfraktion mit Chrupalla führen möchte, sollte Gauland aus Altersgründen verzichten. Meuthen, den es offenbar von Brüssel nach Berlin zieht, könnte eine Doppelspitze mit Beatrix von Storch anstreben. „Es wird ein Hauen und Stechen um die vorderen Listenplätze geben“, so ein Bundestagsabgeordneter gegenüber der PAZ. Vor allem, wenn absehbar sein sollte, dass die Mandatszahl unter der von 2017 liegen könnte. 

Weidel spielt eine Schlüsselrolle

Das Machtgefüge im Ländle ist unübersichtlich, in Nordrhein-Westfalen und Bayern ist es vorsichtig formuliert chaotisch. In Schleswig-Holstein möchte sich die ausgeschlossene Vorsitzende Doris von Sayn Wittgenstein vor einem ordentlichen Gericht zurück in die Partei klagen, im Saarland kämpft der amtsenthobene Vorstand um Josef Dörr vor Gericht um sein politisches Überleben. Die Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen.