19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.05.20 / Lufthansa / Bund will dem Konzern mit Steuermitteln helfen / Ob die Staatshilfen mit Bedingungen verknüpft sein sollten und wenn ja mit welchen, ist heftig umstritten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19 vom 08. Mai 2020

Lufthansa
Bund will dem Konzern mit Steuermitteln helfen
Ob die Staatshilfen mit Bedingungen verknüpft sein sollten und wenn ja mit welchen, ist heftig umstritten
Norman Hanert

Nach erfolgreichen Jahren steckt die Lufthansa als Folge weltweiter Einreisestopps ohne eigenes Verschulden in einer tiefen Krise. Vor diesem Hintergrund will die Bundesregierung Europas größtem Luftverkehrskonzern mit fast zehn Milliarden Euro beispringen. Politisch umstritten ist nun, inwieweit das finanzielle Engagement des Staates mit einem staatlichen Einfluss auf die Unternehmensführung einhergehen soll.

Der Rettungsplan der Bundesregierung für das Unternehmen mit dem Kranich-Symbol sieht eine Mischung von Krediten und Kapitalbeteiligung vor. Im Gespräch ist offenbar eine direkte Beteiligung des Bundes an der Lufthansa mit einem Anteil von 25,1 Prozent. Angesichts des stark gesunkenen Börsenwerts dürfte diese Beteiligung den Bund die vergleichsweise geringe Summe von knapp einer Milliarde Euro kosten. Abgesichert mit einer Bürgschaft des Bundes, soll die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) der Lufthansa zudem noch weitere 3,5 Milliarden Euro bereitstellen. 

Die Airline will wenig Staatseinfluss

Eine weitere Säule des Rettungspakets wurde von einigen Beobachtern inzwischen mit Bezeichnungen wie „Daumenschrauben“ kommentiert. Als stille Beteiligung will der Bund dem angeschlagenen Luftfahrtunternehmen zusätzlich 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Laut dem Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ erwartet die Bundesregierung für diese Finanzspritze eine Garantiedividende von neun Prozent. 

Zumindest derzeit scheint es schwer möglich, eine solch hohe Dividende zu erwirtschaften. Aktuell steht der größte Teil der Lufthansaflotte mit 760 Fliegern am Boden. Im Vergleich zum Vorjahr befördert die Lufthansa zurzeit nur noch ein Prozent der Passagiere. Da viele Fixkosten trotz umfangreicher Kurzarbeit weiterlaufen, verliert das Luftverkehrsunternehmen pro Stunde eine Million Euro aus seiner Liquiditätsreserve. 

Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr glaubt, dass die Lufthansa-Gruppe geschrumpft aus der Corona-Krise hervorgehen wird. Spohr sagte, er gelange zunehmend zu der Erkenntnis, dass die Welt in dieser Branche nach der Pandemie eine andere sein werde. Angesichts dieser Entwicklung warnt der Lufthansa-Chef, dass weltweit Fluggesellschaften die Corona-Krise nur mit Hilfe staatlicher Unterstützung überleben würden. 

Mit Blick auf das eigene Unternehmen merkte Spohr gegenüber der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ an: „Wenn die Bundesrepublik zu große Einflussnahme auf operative Geschäftsaufgaben nehmen wollte, fordert das vielleicht die österreichische Regierung ebenso ein, dann möglicherweise auch die Schweiz, Bel-gien, Bayern oder Hessen.“

Die Linke will viel Staatseinfluss

Hintergrund der warnenden Worte Spohrs sind Forderungen wie die des Chefs der SPD-Bundestagsfraktion Rolf Mützenich, der sich bereits gegen eine stille Beteiligung des Bundes ausgesprochen hat: „Wenn Unternehmen wie die Lufthansa aus Steuergeldern Staatshilfen in Milliardenhöhe bekommen, müssen auch Mitspracherechte für den Bund gewährleistet sein.“

Wie weit solche Mitspracheforderungen gehen können, wird bei den Auslandstöchtern der Lufthansa-Gruppe deutlich. In Wien verlangen Politiker etwa im Gegenzug für staatliche Unterstützung für den Lufthansa-Ableger Austrian Airlines eine langfristige Sicherung des Wiener Flughafens als Lufthansa-Drehkreuz.

Auch in Belgien wird im Gegenzug für eine Liquiditätshilfe für die Lufthansa-Tochter Brussels Airlines die Benennung konkreter Ziele zur Entwicklung des Brüsseler Flughafens erwartet. Belgische Zeitungen berichten sogar, dass für den Fall einer Staatsbeteiligung ein Vetorecht bei der Unternehmenspolitik zur Diskussion steht, die bis hin zum Angebot konkreter Reiseziele gehen soll. 

Ebenso hat Berlins Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup inzwischen von der Lufthansa mehr Langstreckenflüge für die deutsche Hauptstadt gefordert: „Wenn wir zurzeit in Deutschland darüber reden, dass eine Deutsche Lufthansa mit etwa zehn Milliarden Euro unterstützt werden soll, dann ist es eine naheliegende Überlegung, den nationalen Carrier zu fragen, was er für seine Hauptstadt tut.“

Sehr weitreichend sind offenbar auch die Erwartungen in der Bundestagsfraktion der Linkspartei. Deren Fraktionsvize Fabio De Masi sagte, eine stille Beteiligung des Bundes bedeute, „der Staat schiebt die Kohle rüber, hat aber nichts zu sagen“. Aus Sicht des Deutsch-Italieners werde nach der Corona-Pandemie ein „unternehmerischer Staat“ gebraucht, „der eingreift und die Interessen von Beschäftigten und Allgemeinheit schützt“. 

„Unternehmerischer Staat“

Offenbar in Voraussicht solcher Forderungen soll der Lufthansa-Chef zeitweilig sogar über eine Alternative zur Staatsrettung nachgedacht haben. Wie es aus Gewerkschaftskreisen hieß, hat Spohr intern erklärt, er führe das Unternehmen lieber in die Insolvenz in Form eines Schutzschirmverfahrens, als sich von der Politik reinreden zu lassen.