26.04.2024

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08.05.20 / Widersprüche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19 vom 08. Mai 2020

Widersprüche
Erik Lommatzsch

Würde „Corona“ gegenwärtig nicht den Großteil der öffentlichen Aufmerksamkeit absorbieren – einige Ergebnisse der Umfrage über die „Haltung der Deutschen zum Nationalsozialismus“ im Auftrag der „Zeit“ (www.zeit.de/ns-umfrage) hätten wohl einen wesentlich größeren Aufschrei nach sich gezogen.

Zu bewerten war etwa die Aussage, es sei übertrieben, dass „einem fast jeden Tag in den Medien“ der Nationalsozialismus vorgehalten werde. 59 Prozent stimmen dem „voll und ganz“ oder „eher“ zu. 56 Prozent sagen, die ständige Erinnerung an den Nationalsozialismus verhindere, dass die Deutschen ein „gesundes Nationalbewusstsein entwickeln“. Ähnliche Zustimmung findet die These, wegen des Nationalsozialismus könnten die Deutschen „nicht mehr offen über bestimmte Themen diskutieren“. Besonderer Aufreger: 53 Prozent sind der Meinung, man solle einen „Schlussstrich unter die Vergangenheit“ des Nationalsozialismus ziehen.

Vielleicht stellen sich manche unter „Schlussstrich“ etwas anderes vor als die Panikmacher in puncto „rechte Gefahr“? Aber diese können ohnehin beruhigt sein, denn weitere Zahlen wirken fast als Widerspruch. Die Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte sei „angesichts jüngster Entwicklungen heute so wichtig wie eh und je“ – dem stimmen 77 Prozent zu und erkennen möglicherweise nicht die Instrumentalisierung, die in diesen Formulierungen steckt. Dies gilt ebenso für die Behauptung, „wir Deutsche“ haben aufgrund des NS eine „besondere Verantwortung gegenüber Verfolgten aus anderen Ländern“. Das unterstützen 53 Prozent. 

Es ist bedauerlich, dass sich die – in der Sache wichtige – Erhebung nicht damit begnügen kann, nach der Ansicht über die Rolle der historischen Gegebenheiten zu fragen, sondern durch das Herstellen von unsachlichen Verbindungen die Linie der gegenwärtigen politischen Führung bedienen muss. Dass es „Pflicht“ sei, die Erinnerung an den Holocaust aufrechtzuerhalten, bejahen – ohne begründende Zusätze – 

77 Prozent. Von mangelndem Bewusstsein für die NS-Verbrechen an sich kann also kaum die Rede sein.