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08.05.20 / Für Sie gelesen / Neue Zeugen im Fall Olof Palme?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19 vom 08. Mai 2020

Für Sie gelesen
Neue Zeugen im Fall Olof Palme?
D. Jestrzemski

Bis heute ist der Mordanschlag auf den schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme am 28. Februar 1986 nicht aufgeklärt. Dass der Todesschütze entkam und falsche Verdächtige ins Visier der Fahnder gerieten, war einer Kette von Pannen und Ermittlungsfehlern geschuldet. 

Am 18. Februar dieses Jahres verkündete der für den Mordfall Palme zuständige Staatsanwalt überraschend im schwedischen Fernsehen, er sei zuversichtlich, binnen weniger Monate den Tathergang rekonstruieren zu können. Somit besteht Grund zur Annahme, dass im Zuge der aktuellen Nachforschungen eine neue Spur zum Todesschützen gefunden wurde. Endlich könnte auch Licht in das Dickicht diverser Theorien über politisch motivierte Verschwörungen im Zusammenhang mit dem Attentat kommen. Die Vermutung liegt nahe, dass ein Erfolg der Ermittler nach 34 Jahren vor allem der Aufklärungsarbeit des schwedischen Journalisten und Dokumentarfilmers Jan Stocklassa zu verdanken wäre. 

Im Herbst 2018 erschien Stocklassas True-Crime-Sachbuch „Stieg Larssons Erbe“ in deutscher Übersetzung. Der erste Teil des Buches („Stieg“) ist als dramatisierte Retrospektive der Spurensuche im Mordfall Palme gestaltet. Zentrale Figur ist der verstorbene schwedische Kriminalbuchautor Stieg Larsson (1954–2004). Larsson hatte im Mordfall Palme jahrelang auf eigene Faust recherchiert. Nachdem Stocklassa 2014 Zugang zu dessen Archiv erhalten hatte, ließ er sich von Larssons Euphorie, den Palme-Mord aufklären zu können, mitreißen und setzte dessen privates Lebensprojekt fort. Der spannendere zweite Teil („Stieg Larssons Erbe“) besteht überwiegend aus einzelnen Reportagen. 

Larsson wurde durch seine postum veröffentlichten Kriminalromane („Millennium-Trilogie“) international berühmt. Seine Bücher wurden über 

80 Millionen Mal verkauft und in Schweden und in Hollywood verfilmt. Von Beruf war er Skandinavien-Korrespondent für eine britische antifaschistische Zeitung und Herausgeber der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift „Expo“, in der Berichte über rechtsextreme und rassistische Organisationen in Schweden und weltweit publiziert werden. In diesem politischen Spektrum hatte der Sozialdemokrat Olof Palme viele politische Feinde. Er stand auf den Todeslisten verschiedener Staaten. 

Dennoch wurden seinerzeit die von Larsson gesammelten Informationen, wonach der südafrikanische Geheimdienst ein Mordkomplott gegen den schwedischen Ministerpräsidenten geschmiedet haben soll, kaum intensiv geprüft. Stocklassa nahm die Südafrika-Spur auf, reiste in das Land und erhielt Einblicke in die Akten der Wahrheitskommission. Er präsentiert neue Verdächtige, legt sich aber nicht auf eine Schuldzuweisung fest. Jedoch äußerte er vor dem Erscheinen des Buches im Herbst 2018 die Hoffnung, dass der Mordfall Olof Palme in ein oder zwei Jahren – also 2020 – aufgeklärt sein werde. 

Jan Stocklassa: „Stieg Larssons Erbe. True Crime“, Europaverlag Berlin/München/Zürich/Wien 2018, gebunden, 485 Seiten, 25 Euro