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15.05.20 / Wehrbeauftragter / Sollte Högl den Weg freimachen? / Breites Erstaunen, dass die Fachleute Hans-Peter Bartels und Johannes Kahrs den Kürzeren zogen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20 vom 15. Mai 2020

Wehrbeauftragter
Sollte Högl den Weg freimachen?
Breites Erstaunen, dass die Fachleute Hans-Peter Bartels und Johannes Kahrs den Kürzeren zogen
Norman Hanert

Mit der Entscheidung, Eva Högl (SPD) zur neuen Wehrbeauftragten des Bundestages zu machen, stößt die SPD-Fraktionsspitze nicht nur ausgewiesene Fachleute aus der eigenen Partei vor den Kopf. 

Die neue Wehrbeauftragte ist bislang nur als Innen- und Rechtspolitikerin aufgefallen. Ihr direkter Amtsvorgänger und Parteifreund Hans-Peter Bartels, der auf eine zweite Amtszeit gehofft hatte, kann dagegen jahrzehntelange Erfahrungen als Verteidigungspolitiker vorweisen. Nach der Entscheidung für Högl zeigte sich nicht nur Bartels düpiert. Die Ehefrau des SPD-Politikers, Susanne Gaschke, erklärte nach 33 Jahren Mitgliedschaft ihren Austritt aus der SPD. 

In einem offenen Abschiedsbrief an die Genossen rechnete die Journalistin und ehemalige Kieler Oberbürgermeisterin mit ihrer früheren Partei ab. In dem Brief wirft Gaschke der SPD vor, diese habe sich zu einer „Versorgungspartei“ entwickelt, in der es irgendwann „nur noch um Jobs, Ämter und Dienstwagen gegangen“ sei.

Heftig fiel auch die Reaktion des SPD-Haushaltspolitikers Johannes Kahrs aus, der ebenfalls Ambitionen auf den Posten des Wehrbeauftragten hatte. Der Hamburger legte als Reaktion auf die Nominierung Högls seine politischen Ämter in Fraktion wie Partei und sogar sein Bundestagsmandat nieder.

Teil eines SPD-Linksrutsches?

Bei den anderen Fraktionen im Bundestag löste die Personalentscheidung der Genossen zum Teil scharfe Kritik aus. Für Tobias Lindner, den sicherheitspolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion reiht sich das Vorgehen der SPD in „den Umgang der Sozialdemokratie mit Kurt Beck, Martin Schulz, Sigmar Gabriel und Andrea Nahles ein“. 

Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, äußerte die Vermutung, die SPD-Fraktionsführung wolle mit dem Personalaustausch einen Kurswechsel in der Verteidigungspolitik vorantreiben. Die FDP-Politikerin kommentierte das „In-die-Wüste-schicken“ Bar­tels als ein Zeichen, „dass eben auch das Personal ausgetauscht wird, das für die Soldaten auch eingefordert hat, mehr Ausrüstung, bessere Ausbildung, das wird jetzt vernichtet und das zeigt, in welche Richtung Herr Mützenich geht“.

Ein Blick in die Hauptstadtmedien zeigt, dass die Wahl Högls zur Wehrbeauftragten möglicherweise noch einen anderen Hintergrund hat. Treffen entsprechende Bericht zu, dann ist Högls Berufung möglicherweise Teil eines größer angelegten Postenkarussells. 

Fakt ist, dass Berlins SPD-Chef und Regierender Bürgermeister Michael Müller schon im Januar angekündigt hat, er wolle auf dem nächsten Parteitag nicht wieder als Landesvorsitzender antreten. Dieser Verzicht macht für Bundesfamilienministerin Franziska Giffey den Weg an die Spitze der Berliner SPD und für eine Spitzenkandidatur bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl frei. 

Im Gegenzug für seinen Rückzug aus der Landespolitik soll Müller nun zugesichert worden sein, bei der nächsten Bundestagswahl für die SPD-Landesliste auf Platz eins nominiert zu werden. Selbst bei weiter fallenden Zustimmungswerten für die Genossen würde dieser Spitzenplatz mit großer Sicherheit Müllers Einzug in den nächsten Bundestag bedeuten. 

Mit der Wahl Högls zur Wehrbeauftragten sind nun die Aussichten für Müller weiter gestiegen, den begehrten Listenplatz eins tatsächlich zu erhalten. Im Jahr 2017 war die Berliner SPD nämlich noch mit Högl als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf gezogen. 

Als Wehrbeauftragte muss Högl nun jedoch nicht nur ihr damals errungenes Bundestagsmandat niederlegen. Vielmehr bedeutet ihre fünfjährige Amtszeit als Wehrbeauftragte auch, dass sie bei der nächsten Bundestagswahl nicht erneut in ihrem Berliner Wahlkreis kandidiert und nicht mehr als Spitzenkandidatin die SPD-Landesliste anführen kann.