04.05.2024

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22.05.20 / Kommentare / Instrumentalisiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21 vom 22. Mai 2020

Kommentare
Instrumentalisiert
Erik Lommatzsch

„Deutschland allein hat mit dem Angriff auf Polen den Zweiten Weltkrieg entfesselt. Und Deutschland allein trägt Verantwortung für das Menschheitsverbrechen des Holocaust. Wer daran Zweifel sät und andere Völker in die Täterrolle drängt, der fügt den Opfern Unrecht zu. Der instrumentalisiert Geschichte und spaltet Europa.“ In dieser Tonlage haben Außenminister Heiko Maas und Andreas Wirsching, Direktor des „Instituts für Zeitgeschichte“, der renommiertesten deutschen Forschungseinrichtung auf diesem Feld, den „Spiegel“-Beitrag „Keine Politik ohne Geschichte“ anlässlich des 75. Jahrestages des Weltkriegsendes verfasst. Allein aus der Feder eines eifernden, eher durch ideologisch grundierte Phrasen als durch historische Sachkenntnis aufgefallenen Politikers wäre dies kaum überraschend. Erstaunlich ist, dass ein hochrangiger Wissenschaftler sich als Koautor für derartige Zeilen zur Verfügung gestellt hat. 

Was hat ein Hinterfragen – welches nicht zwingend eine Widerlegung des Bezweifelten bedeuten muss – von apodiktischen Sätzen mit einer „Spaltung“ Europas zu tun? 

Gab es außer „Deutschland“ wirklich gar niemanden, der – bereitwillig – beim Holocaust mitgewirkt hat? Handeln Völker pauschal als Ganzes? Gibt es „Tätervölker“? Ist nicht gerade die oben zitierte Passage Geschichtsinstrumentalisierung in Reinform? 

Weiter heißt es in dem Text, wer heute einen Schlussstrich „unter diesen Teil deutscher Geschichte ziehen“ wolle, der „verhöhnt nicht nur die Opfer“. Er beraube die deutsche Politik auch ihrer Glaubwürdigkeit. „Selbstkritik und Selbstbewusstsein bedingen einander. Für kein Land gilt dies mehr als für unseres.“ Nein. Man darf sich durchaus für einen „Schlussstrich“ oder eine Historisierung aussprechen – nicht aus Missachtung gegenüber den NS-Opfern, sondern weil Nachgeborene sich nicht mit Verweis auf die Geschichte von anderen Nachgeborenen für deren Gegenwartsanliegen in Haftung nehmen lassen wollen. Vor allem nicht von der eigenen Regierung.