23.04.2024

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22.05.20 / Hochhuth

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21 vom 22. Mai 2020

Hochhuth
Harald Tews

Zum Lieblingsdichter der deutschen Literaturkritik hat es nicht gereicht. Dabei brachte der in Berlin am 13. Mai im Alter von 89 Jahren gestorbene Rolf Hochhuth beste Voraussetzungen mit, vom links dominierten Feuilleton ähnlich verhätschelt zu werden wie die zu seiner Generation gehörenden Autoren der Gruppe 47. Doch zu jener Literaten­clique wurde er nie eingeladen. 

Hochhuth besaß keine Lobby, obwohl er erreicht hatte, wovon seine anderen politisch engagierten Kollegen nur träumen konnten. Gleich mit seinem Debüt, dem Drama „Der Stellvertreter“, entfachte er 1963 eine bis heute anhaltende Debatte zum Schweigen von Pius XII. über die Judenvernichtung während des Nationalsozialismus. 

1978 brachte er mit einem Roman und dem Drama „Juristen“ Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Hans Filbinger zu Fall, indem er diesen von ihm als „furchtbaren Juristen“ bezeichneten Politiker beschuldigte, in der NS-Zeit als Richter Todesurteile gefällt zu haben.

Doch spätestens mit dem Drama „Soldaten, Nekrolog auf Genf“, in dem er 1967 Churchill für den Bombenterror im Zweiten Weltkrieg verantwortlich machte, wurde das Feuilleton ihm gegenüber misstrauisch. Hochhuth stützte sich dabei auf Materialen des britischen Historikers David Irving, den er auch noch nach dessen Verurteilung als Holocaustleugner öffentlich verteidigte.

Als streitlustiger Autor, der zu seinen Freunden lieber Ernst Jünger zählte, als sich einem linken Zeitgeist anzubiedern, schrieb er gegen Unrecht an, wo es nur ging. Nachdem er so ziemlich alle gegen sich aufgebracht hatte und man seine Stücke unter dem Vorwand schlechter literarischer Qualität nicht mehr aufführen wollte, erwarb er sich sein eigenes Theater. Über eine eigene Stiftung wurde er Eigentümer des Theaters am Schiffbauerdamm, der Spielstätte des von Bertolt Brecht gegründeten Berliner Ensembles. Dass ausgerechnet dort in den Sommermonaten seine Stücke aufgeführt werden sollen, wird Berlins Kulturschickeria noch lange nach Hochhuths Tod ein Dorn im Auge bleiben.