25.04.2024

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22.05.20 / Wilhelmine Encke / Preußens wichtigste Mätresse

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21 vom 22. Mai 2020

Wilhelmine Encke
Preußens wichtigste Mätresse
Manuel Ruoff

Preußens vierter König Friedrich Wilhelm II. hatte diverse Mätressen, doch Wilhelmine von Lichtenau war eine besondere. So begann die Beziehung zwischen den beiden schon Jahre vor ihrem Verhältnis und überdauerte dieses bis zu Friedrich Wilhelms Tod 1797. 

1763 wurde der Dessauer Hornist Johann Elias Enke Mitglied der Berliner Hofkapelle. Er zog mit seiner Tochter Wilhelmine und dem Rest seiner Familie nach Potsdam unweit des Stadtschlosses. Wilhelmine Enke war mit um die elf Jahre tatsächlich noch ein Kind, als sie 1764 den damals rund 20-jährigen Friedrich Wilhelm kennenlernte. Das Mädchen wird als auffallend schön gewachsen und aufgeschlossen geschildert, und der junge Mann förderte dessen Ausbildung nach Kräften. Rund ein halbes Jahrzehnt nach ihrem Kennenlernen begann ihr Verhältnis. Unter dem Einfluss des sittenstrengen Rosenkreuzerordens beendete er jedoch 1781 die Liaison und nötigte sie zur Ehe mit einem Vertrauten, dem Kammerdiener Johann Friedrich Ritz.

Dass dieses der freundschaftlichen Beziehung keinen Abbruch tat, zeigte exemplarisch Friedrich Wilhelms Fürsorge für die Früchte ihrer Liebe nach seiner Thronbesteigung 1786. Die zwei der gemeinsamen sechs Kinder, die da noch lebten, Alexander und Marianne, erhob er zum Grafen beziehungsweise zur Gräfin von der Mark. Und um Marianne die benötigte standesgemäße Herkunft für eine Ehe mit dem Erbgrafen Friedrich zu Stolberg-Stolberg zu verschaffen, veranlasste er die Scheidung des bürgerlichen Ehepaares Ritz und machte seine Ex-Geliebte zur Gräfin von Lichtenau. Beides geschah 1796, ein Jahr vor seinem Tod.

Bei seinem Nachfolger, seinem sittenstrengen und ehelichen Sohn Friedrich Wilhelm III., hatte seine Ex-Geliebte verständlicherweise einen schweren Stand. Sie kam jedoch letztlich mit einem blauen Auge davon. Verfehlungen ließen sich ihr nicht nachweisen. Weder hatte sie nach Macht gegiert noch sich unverhältnismäßig bereichert. Stattdessen hatte sie ihren unbestreitbar großen Einfluss auf Friedrich Wilhelm II. und die daraus resultierenden Ressourcen zur Förderung des preußischen Frühklassizismus verwandt. Die Inneneinrichtungen des Schlösschens auf der Pfaueninsel und der Winterkammern in Schloss Charlottenburg gingen auf sie ebenso zurück wie die Erweiterung und Neueinrichtung des Marmorpalais in Potsdam. Am 9. Juni 1820 starb die Gräfin in Berlin.