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22.05.20 / Grenzregion / Plötzlich abgeschnitten / Eine deutsche Exklave im Lockdown: Das kleine Büsingen wurde für seine Bewohner zur Mausefalle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21 vom 22. Mai 2020

Grenzregion
Plötzlich abgeschnitten
Eine deutsche Exklave im Lockdown: Das kleine Büsingen wurde für seine Bewohner zur Mausefalle
Bodo Bost

Die Corona-Abwehr hat bei einigen Ländern einen Rückfall in ausschließlich nationale Katastrophenpläne ausgelöst, bei denen der Nachbar zum gefährlichen Infektionsherd mutierte, den es abzuwehren galt. So auch an der Grenze zur Schweiz. Nicht nur dass die deutsch-schweizerische Grenze am Bodensee mittlerweile von einem immer dichteren und höheren Zaun befestigt und ausgebaut wurde, auch Liebespaare und Verwandte, die sich dort bislang durch den Zaun hindurch noch unterhalten oder sogar berühren konnten, wurden dort zum Schluss immer mehr vertrieben. 

Ganz von der Schweiz umschlossen

An der deutsch-schweizerischen Grenze gibt es mit dem Ort Büsingen am Hochrhein eine deutsche Exklave als Vorort von Schaffhausen, die ganz von Schweizer Territorium eingeschlossen ist. War diese Exklave von heute 1500 Einwohnern während der NS-Zeit für viele Verfolgte ein rettendes Schlupfloch, weil der Verkehr zwischen den beiden Teilen Deutschlands durch die Schweiz nicht immer kontrolliert wurde, so hatte sich die Exklave nach dem Lockdown zunächst als Mausefalle erwiesen, die Bewohner von Büsingen, die es gewohnt waren, in beiden Ländern zugleich zu leben, so wie die Telefonzellen Deutschlands und der Schweiz dort nebeneinander stehen, waren jetzt eingeschlossen, weil sie aus ihrem Dorf nicht mehr hinaus durften. 

Als die Grenze im März zunächst von deutscher Seite aus und einen Tag später auch von der Schweiz dichtgemacht wurde, wurde auf die besondere Situation der Büsinger Bürger zunächst keine Rücksicht genommen. Da es in dem kleinen Ort kein Geschäft mehr gibt, drohte die Versorgung einzubrechen. Die Grenzgänger, die zur Arbeit weiter in die Schweiz durften, mussten ihre in der Exklave eingeschlossenen Nachbarn mitversorgen. 

Das war die Zeit der aufgezwungenen Nachbarschaftshilfe, die älteren Menschen natürlich in besonderer Weise galt. Es dauerte einige Tage, bis die Verantwortlichen in Bern und Stuttgart sich der misslichen Lange der Bürger von Büsingen bewusst wurden. Danach hat sich die Politik zum Glück bewegt und auch Einkaufsfahrten für Büsinger Bürger in beide Länder wieder möglich gemacht. Ganz unbesorgt konnten die Büsinger jedoch immer noch nicht sein. Da der Ort (naheliegenderweise) auch kein eigenes Krankenhaus besitzt, an das sich Bürger beispielsweise in Notfällen wenden könnten, hätten die zuweilen längeren Wartezeiten an den beiden Grenzen, welche die Büsinger über Wochen durchstehen mussten, um von einem Teil Deutschlands in den anderen zu kommen, bei dringenden Notfällen lebensgefährlich werden können. 

Womöglich null Corona-Fälle

Ob von den Bewohnern von Büsingen überhaupt jemand Träger des Coronavirus wurde, ist nicht bekannt. Immerhin sind sie zum Ende der Grenzsperrungen für einige Zeit die einzigen der über 

90 Millionen Einwohner beider Länder, für welche die beidseitige freie Fahrt gilt, bis ab diesem Wochenende die Kontrollen auch für andere zumindest entschärft werden. Die Büsinger dürfen, anders als andere Deutsche und Schweizer im Grenzgebiet, in beiden Ländern einkaufen. 

Allerdings müssen auch die Büsinger Einschränkungen in Kauf nehmen. Die beiden Grenzübergänge in die Exklave dürfen nur von ihnen und Grenzgängern zur Arbeitsaufnahme benutzt werden. Für Besucher und Touristen sind sie weiter dicht, und das wohl noch bis zum 15. Juni. Grenzzäune wie in Konstanz hat es aber entlang der 17 Kilometer langen Landgrenze um die Exklave nicht gegeben. Lediglich die Neben- und Schleichwege hat man abgesperrt.