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22.05.20 / Leserforum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21 vom 22. Mai 2020

Leserforum

Befreier von Brot und Eiern

Zu: Tag der Erinnerung (Nr. 19)

Da ich als Kind noch das Kriegsende erlebt und dazu die Berichte meiner Eltern gehört habe, kann ich mir zum Kriegsende auch ein eigenes Urteil erlauben. Einerseits waren wir froh, dass die völkerrechtswidrigen Angriffe von Tieffliegern auf Fußgänger und die Luftangriffe auf Wohngebiete aufgehört hatten, anderseits begann mit dem Kriegsende eine drei Jahre andauernde Zeit des Hungers und der Entbehrungen. 

Die Sieger, auch die Amerikaner in Oberfranken, hatten kein Mitleid mit den Besiegten. Mein Vater hatte die US-Amerikaner nicht als Befreier erlebt. Sie trieben gefangene Deutsche vor ihrer Front voran, weil sie damit rechneten, dass die noch kämpfenden Wehrmachtssoldaten in den letzten Kriegstagen nicht auf ihre Landsleute schossen. Es war eine ausgesprochen verrohte Zeit. Die Sieger wurden von uns nicht als Befreier empfunden, weshalb der Ausdruck „Befreier“ nur in Bitterkeit gebraucht wurde, entsprechend dem damaligen Spottvers: „Ihr Befreier von Brot und Eiern, von Butter und Speck, schert euch weg!“ 

Erst Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat in seiner berüchtigten Rede vom 8. Mai 1985 den Begriff der 1945 erfolgten „Befreiung“ in positivem Sinn gebraucht und später die Vertreibung als „erzwungene Wanderschaft“ verharmlost. Ich bin enttäuscht.

Wolfgang Hendlmeier, München






langes VölkerGedächtnis

Zu: Tag der Erinnerung (Nr. 19)

Während des Wiener Kongresses 1815, der nicht nur tanzte, wie man oft böswillig behauptete, sondern die neue Ordnung in Europa nach den napoleonischen Kriegen vereinbart hat, saß ein Besiegter, Frank-reich, in Vorbereitung des Friedensvertrages zum letzten Mal gleichberechtigt mit den Siegern am Verhandlungstisch. Im Ergebnis dieses Friedensvertrages herrschte in Europa lange Jahrzehnte hindurch Frieden. 

Erst nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 und dem Deutschen Krieg 1866 haben die jeweiligen Sieger die Bedingungen der Friedensverträge diktiert, die meist mit territorialen Verlusten für den Besiegten einhergingen. Der deutliche Höhepunkt einer neuen Zeit war der Deutsch-Französische Krieg 1870/71, der mit der Niederlage Frankreichs und der Ausrufung des Deutschen Reiches auf französischem Boden endete. Sie war eine Beleidigung und Erniedrigung des besiegten Frankreichs. Auch hier hatte der Besiegte deutliche territoriale Verluste (Elsass) erlitten. 

Die Friedensverträge nach der Beendigung des Ersten Weltkrieges, die sogenannten Pariser Vorortverträge, waren alle Friedensdiktate. Die besiegten Staaten Deutschland, Österreich-Ungarn, Bulgarien und die Türkei, waren in die vorbereitenden Verhandlungen nicht mehr einbezogen und sahen die schon fertig formulierten „Friedensverträge“ zum ersten Mal kurz vor ihrer erzwungenen Unterzeichnung. Im Ergebnis dieser Friedensdiktate wurden viele Grenzen in Europa trotz hoher moralischer Grundsätze oft ungerecht neu gezogen, und es entstanden aus den Gebieten der Besiegten neue Staaten. 

Da die Völker, die Unrecht und Erniedrigungen erlitten, ein langes Gedächtnis hierfür haben, konnte durch diese Verträge kein langjähriger Frieden in Europa entstehen. Etwas übertrieben wird behauptet, dass Hitler in Versailles geboren wurde. Die Gegner einer neuen europäischen Ordnung konnten das erlittene Unrecht ohne Schwierigkeit für eigene Argumente nutzen. 

Der diktierte Frieden nach dem Ersten Weltkrieg dauerte nicht zuletzt deshalb nur rund 20 Jahre. Dann stürzte NS-Deutschland die meisten europäischen Länder in einen verheerenden Krieg, der sechs Jahre dauerte und Zigmillionen von Kriegs- und Vertreibungsopfern sowie zerbombte Städte und verheerende Reparationen forderte. Auch wenn heute auf allen Seiten der am Krieg beteiligten Staaten ein Konsens über die Anerkennung und die Dauerhaftigkeit der Nachkriegsvereinbarungen besteht, bleibt zu hoffen, dass diese Meinung auch in den Köpfen der besiegten Völker zunehmend Akzeptanz findet. Nur wenn dies eintritt, wird erst der Frieden dauerhaft bleiben.

Dr. Ádám Sonnevend, Rostock






In stillem Gedenken verharren

Zu: Tag der Erinnerung (Nr. 19)

Den 8. Mai 1945 habe ich als 15-Jährige im nördlichen Ostpreußen erlebt. Froh war man über das Ende der Kriegshandlungen. Aber was kam dann? Eine Welle von grauenvollen Vergewaltigungen bis hin zum Mord mussten Frauen über sich ergehen lassen. Die zurückgebliebenen Menschen wurden aus ihren Wohnungen und Häusern vertrieben, ihrer Habe beraubt, Hunger und Krankheiten ausgesetzt. Eine unvorstellbare Zeit der Not, des Elends und des Sterbens herrschte in den darauffolgenden Jahren im damaligen Ostpreußen bis zur endgültigen Ausreise 1947/1948.

Jedes Volk hat das Recht, seinen Sieg zu feiern. Aber hier – in Europa – sollte man sich bewusst sein, dass die Siegermächte zum und nach dem Ende der Kriegshandlungen ein Völkerverbrechen unvorstellbaren Ausmaßes begangen haben. 16 Millionen Deutsche verloren ihre über Jahrhunderte hinweg kultivierte Heimat. Das wäre, als ob ganz Skandinavien entvölkert worden wäre.

Leider ist es so, dass die heutige Generation weitgehend die historische Deutung der Siegermächte übernommen und verinnerlicht hat. Was dann nicht in dieses Geschichtsbild hineinpasst, wird passend gemacht oder einfach übergangen.

Wie aber sollen die Nachgeborenen, die oft nicht einmal in Deutschland geboren sind, die Zusammenhänge erkennen, wenn in den Schulen nur die Sichtweise der Siegermächte zum Ausdruck kommt und stets die negativen Geschehnisse in den Vordergrund gestellt werden?

Doch das alles geht unter im Jubel um das Kriegsende. Die russischen Soldaten erhielten Auszeichnungen für ihre Teilnahme am Großen Vaterländischen Krieg. Hingegen in Deutschland bezeichnet man die eigenen Soldaten, die ihr Leben für den Kampf um die Heimat eingesetzt hatten, pauschal als Angehörige einer verbrecherischen Wehrmacht.

Je weiter die Zeit zurückliegt, umso selbstverständlicher wird in einem Teil der Bevölkerung die Verunglimpfung der eigenen Vorfahren. Man möchte doch so gerne mitjubeln und nicht daran erinnert werden, dass der Osten des Deutschen Reiches einen Völkermord erleben musste. Die Bevölkerung von zirka 16 Millionen Menschen (und einer Fläche von einem Viertel des Deutschen Reiches), deren Vorfahren seit über 700 Jahren das Land kultiviert und bebaut hatten, verloren ihre Heimat. Sie flüchteten, sie wurden vertrieben. Zirka zweieinhalb Millionen Menschen kamen dabei ums Leben.

Daher sollten wir in stillem Gedenken verharren und uns an das Leid und an das Sterben erinnern, das nach dem 8. Mai 1945 den ganzen deutschen Osten zutiefst erschütterte. 

Für uns besteht daher kein Grund zu einem frohen Fest.

Inge Keller-Dommasch, Jonen/(Schweiz 






Eher ein Trauertag

Zu: Tag der Erinnerung (Nr. 19)

Man sollte auf keinen Fall den 8. Mai als Feiertag etablieren. Befreit wurden KZ-Insassen und politisch Verfolgte, aber nicht das ganze deutsche Volk. 

Da es keinen mexikanischen Feiertag gibt, der zum Beispiel die Zerstörung von Tenochtitlan im heutigen Mexiko-City und damit den Untergang der Azteken feiert, sollte auch der 8. Mai kein Feiertag sein, eher ein Trauertag. Ähnlich verhält es sich mit Rom, welches von des Ostgoten geplündert und fast vollständig zerstört wurde. Auf jeden Fall: So funktioniert Vergangenheitsbewältigung nicht.

Manfred Hemmersbach, Köln