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29.05.20 / Zukunft der Kernkraft In Deutschland haben die Risiken zum Ausstieg aus der Kernkraft geführt. Im Ausland führen die Risiken jedoch weniger zum Ausstieg denn zur Entwicklung neuer Reaktorkonzepte / Unerprobtes Potenzial / Zukünftige Konzepte für Kernreaktoren bieten vielfältige Möglichkeiten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22 vom 29. Mai 2020

Zukunft der Kernkraft In Deutschland haben die Risiken zum Ausstieg aus der Kernkraft geführt. Im Ausland führen die Risiken jedoch weniger zum Ausstieg denn zur Entwicklung neuer Reaktorkonzepte
Unerprobtes Potenzial
Zukünftige Konzepte für Kernreaktoren bieten vielfältige Möglichkeiten
Friedrich List

In Deutschland ist der Ausstieg aus der Kernenergie beschlossene Sache. Nicht alle Länder auf der Welt folgen diesem Beispiel. Die USA, Russland, Frankreich, aber auch Japan und andere Länder arbeiten sehr wohl an neuen Kraftwerkskonzepten. Dort sieht man in der Kernkraft eine Möglichkeit, den Kohlendioxidausstoß spürbar zu senken. 

Überkritischer Leichtwasserreaktor 

In den heute gebräuchlichen Reaktoren zirkuliert in zwei Kühlkreisläufen Wasser. Der innere Kreislauf nimmt die Hitze des Reaktorkerns auf und führt sie durch einen Wärmetauscher. Dort heizt sich das Wasser des äußeren Kreislaufes auf und treibt dann eine Turbine zur Stromerzeugung. Der Kern selbst enthält die Brennstäbe mit dem spaltbaren Material. 

Eines der untersuchten Konzepte ist der überkritische Leichtwasserreaktor. Der nutzt unter hohem Druck stehendes Wasser als Kühlmedium. Die Kerntemperatur ist höher als bei herkömmlichen Druck- oder Siedewasserreaktoren. Das Wasser wird direkt in die Turbine zur Stromerzeugung geleitet, die somit auch radioaktiv ist. Nur Russland hat zwei Kraftwerke dieses Typs gebaut. „Japan forscht an diesem Konzept, plant aber bisher keinen Prototypen“, sagt Sören Kliem von der Abteilung Reaktorsicherheit am Dresdener Helmholtz-Zentrum für Ressourcenökologie.

Schnelle Brüter

Andere Designs werden mit bis zu 1000 Grad heißem Helium gekühlt. Hier strömt das heiße Helium direkt aus dem Kern in die Turbine. Je nach Bauart liegt der Brennstoff etwa als Kugelhaufen vor. Andere Bauweisen sind Nadeln oder Platten aus Keramik. „Polen forscht an einem derartigen Reaktor“, so Kliem, „der Typ eignet sich gut zur Erzeugung von Prozesswärme in der chemischen Industrie“. China hat einen heliumgekühlten Reaktor in Bau. Das Risiko einer Kernschmelze besteht nicht, weil die höchste Reaktortemperatur unter dem Schmelzpunkt des Reaktormaterials liegt.

Der Schnelle Natriumgekühlte Reaktor oder Schnelle Brüter ist in Deutschland sehr umstritten. Die einzige Anlage dieser Art in Kalkar ging nie in Betrieb. Ein Brutreaktor produziert mehr Brennstoff, als er verbraucht, indem er aus Natururan Plutonium erzeugt. Eine Kernschmelze ist nicht möglich. Problematisch ist das stark korrosive, 550 Grad heiße, flüssige Natrium als Kühlmittel. Das umströmt den Reaktorkern. Die Wärmeenergie fließt erst in einen zweiten Natriumkreislauf, dann in einen Wasserkreislauf. Der treibt eine Turbine an. Frankreich hatte zwei Brutreaktoren in Betrieb und forscht an einem Nachfolger. Russland betreibt zwei davon. Außerdem arbeiten Hitachi und General Electric gemeinsam an einem Brutreaktor.

Bleigekühlte Reaktoren

In Russland forscht die Industrie zudem an bleigekühlten Reaktoren. Hier zirkuliert eine flüssige Blei-Bismut-Legierung zur Wärmeabfuhr. Sie können 15 bis 20 Jahre ohne Neubefüllung betrieben werden. Eine Abart dieser Bauweise sind die Flüssigsalzreaktoren, die rund 1000 Grad heißes flüssiges Salz zur Kühlung des Reaktors verwenden. Der große Nachteil dieser Reaktoren ist das stark korrodierende Kühlmittel. Die einzige Testanlage dieser Art lief 1968/69 in den USA und wurde nach nur einem Jahr wegen Sicherheitsrisiken stillgelegt. „Wegen der Salzschmelze hat sich bisher kein Land dafür entschieden“, so Kliem weiter. Für ihn sind Kernkraftwerke herkömmlicher Bauart die bessere Lösung zur Kohlendioxidsenkung.





Kurzbiografien

Der promovierte Kernphysiker Armin Huke arbeitet an der TU Berlin und ist Geschäftsführer des Berliner IFK sowie einer der Väter des Dual-Fluid-Reaktors 

Der Wissenschaftler 

Xiang Wang analysierte 2017 in seiner Dissertation an der TU München den Dual-Fluid-Reaktor und hielt ihn generell für realisierbar 

Edwin Lyman lehnt den DFR ab. Seines Erachtens reicht das Wissen über derartige Reaktoren nicht aus, um mögliche Risiken seriös abschätzen zu können