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29.05.20 / Gesundheitsschutz / „Dann hat sie keine Ahnung“ / Amtsärzte üben vernichtende Kritik an Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD)

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22 vom 29. Mai 2020

Gesundheitsschutz
„Dann hat sie keine Ahnung“
Amtsärzte üben vernichtende Kritik an Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD)

Immer wieder ist es Politikern gelungen, sich in Katastrophenzeiten als Krisenmanager zu profilieren und so ihr Ansehen zu steigern. In Berlin ist derzeit ein gegenteiliges Phänomen zu beobachten. Dort nimmt das Ansehen von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci mit dem Andauern der Corona-Pandemie immer mehr Schaden. Fast schon als zerrüttet muss mittlerweile das Verhältnis zwischen der 53-jährigen SPD-Politikerin und den bezirklichen Gesundheitsämtern bewertet werden. 

Nach einem ersten offenen Brief im März haben sich die Amtsärzte aller zwölf Berliner Bezirke unlängst erneut in einem Schreiben vom Vorgehen der Gesundheitssenatorin in der Corona-Pandemie distanziert. Mit Blick auf entsprechende Pläne Kalaycis schreiben die Amtsärzte: „Eine ungezielte Testung ohne medizinische Indikation lehnen wir ab.“ Zudem kritisieren die Autoren des Briefes die Pläne für ein sogenanntes Ampelsystem, mit dem der Senat die Ausbreitung des Virus beurteilen will. Zu diesem Ampelsystem schreiben die Ärzte, es sei für sie medizinisch nicht nachvollziehbar. 

„In keiner Weise eingebunden“

Die Amtsärzte gehen in ihrer Kritik sogar noch weiter. Nach ihrer Darstellung haben die Gesundheitsämter von den Senatsplänen für ein Ampelsystem zur Lagebeurteilung und der geplanten Teststrategie „ausschließlich aus der Presse“ erfahren. Von Seiten der Senatorin sind die Gesundheitsämter demnach „vorab fachlich-medizinisch in keiner Weise angehört oder eingebunden“ worden. Um in der Berliner Bevölkerung eine Akzeptanz für die Pandemie-Maßnahmen zu schaffen, ist aus Sicht der Ärzte stattdessen eine „fachlich untermauerte Gesamtstrategie“ nötig.

Bereits im März hatte Kalayci durch ihre Öffentlichkeitsarbeit den Unmut der bezirklichen Gesundheitsämter auf sich gezogen. Grund war vor allem ihre Aussage, „all die Kontaktpersonen, die wir identifiziert haben bisher und noch identifizieren werden, werden alle isoliert und getestet“. 

Im Senat oft schlecht vorbereitet

Daraufhin sahen sich die Gesundheitsämter mit einer Flut von Anfragen von betroffenen Bürgern konfrontiert, die sich testen lassen wollten und sich dabei auf die Aussage der Gesundheitssenatorin berufen konnten. Angesichts der Zahl von Kontaktpersonen von Infizierten und der beschränkten Kapazitäten lag die Ankündigung der SPD-Politikerin allerdings fernab der Realität. 

Dementsprechend kommentierte ein Amtsarzt: „Wenn Frau Senatorin behauptet, wir ziehen los, und streichen diese Patienten ab, egal ob sie Symptome haben oder nicht, dann hat sie keine Ahnung.“ Inzwischen wird auch über wachsende Zweifel am Agieren von Kalayci in Senatskreisen berichtet. 

Dabei geht es ebenfalls um die Öffentlichkeitsarbeit der Gesundheitssenatorin, die als desaströs bezeichnet wird. Im Roten Rathaus soll sich zudem auch der Eindruck hinzugesellt haben, dass die Senatorin zu Sitzungen oft schlecht vorbereitet erscheint. N.H.