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29.05.20 / Der Wochenrückblick / Grenzenlos begrenzt / Wie die Deutschen Italiens Rentenkasse füllen, und warum neue Schulden schöner sind als alte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22 vom 29. Mai 2020

Der Wochenrückblick
Grenzenlos begrenzt
Wie die Deutschen Italiens Rentenkasse füllen, und warum neue Schulden schöner sind als alte
Hans Heckel

Haben wir das alles verschlafen? Die Bombenangriffe, die Sirenen, die donnernden Geschosse der Panzer und Haubitzen? Wir wissen es nicht mehr. Aber es muss furchtbar gewesen sein. Weshalb sonst will die EU 500 Milliarden Euro bei ihren Mitgliedstaaten eintreiben für einen sogenannten „Wiederaufbaufonds“. Nur gewaltige Zerstörungen machen so viel Geld nötig, um alles „wiederaufzubauen“.

Oder nicht? Ach was, in Wahrheit wissen wir natürlich, dass gar nichts bombardiert wurde. Den Eurokraten ist nur nichts Besseres eingefallen, womit sie ihren neuesten Beutezug etikettieren können. „Wiederaufbau“ klingt so herrlich heldenhaft, gemahnt es doch an die entbehrungsreiche Zeit nach dem Weltkrieg. Damit bekommt das Ganze eine moralische Note: Wer möchte als der kaltherzige Geizhals dastehen, der den vom Corona-Krieg Niedergeworfenen jetzt die Hilfe beim „Wiederaufbau“ verweigert?

Wie immer kam es zu einem heftigen Ringen darum, wer wie viel hineinzahlen und wer wie viel herausbekommen soll. Nur dass Deutschland netto das meiste zahlt, darüber war man sich recht zügig einig. Alles andere hätte uns auch schwer erschüttert. Wozu hat uns die EU denn?

Italien hat am lautesten nach dem Geld anderer Völker geschrien. Einen Kredit über läppische 35 Milliarden Euro aus dem goldenen Kelch namens „Europäischer Stabilitätsmechanismus“ (ESM) hatte Rom brüskiert abgelehnt. Kredit will man nicht, zu umständlich: Schenkt uns das Geld gefälligst! Klar, machen wir natürlich gern – besonders, nachdem uns die Italiener mit allerhand Schimpfwörtern eingedeckt hatten.

Aber wozu benötigen die Franzosen, Italiener und andere denn unser Geld, wenn es gar keine Kriegszerstörungen gab? Zudem, da die Lockdown-Krise in Deutschland ebenfalls eingeschlagen ist und wir unsere Mittel dringend selber bräuchten? Nun ja, in Italien gehen Männer mit 65 und Frauen mit 60 Jahren in Rente. Das kostet einen Batzen und ist auf die Dauer schwer zu wuppen, wenn die Wirtschaftsleistung des Landes seit endlosen Jahren vor sich hin dümpelt. 

Die Italiener sind zwar im Schnitt etwa dreimal so reich wie die Deutschen, aber wer geht schon gern ans eigene Ersparte, wenn’s der doofe Nachbar zahlt. Die Italiener sind auch deshalb so reich, weil ihr Staat sehr pfleglich mit dem Geld seiner Bürger umgeht. Dort gibt es sogar „Steuer-Amnestien“. Von so etwas haben die Deutschen noch nicht einmal gehört. Dafür in jüngster Zeit umso öfter von Plänen, das deutsche Renteneintrittsalter auf 69 Jahre anzuheben. Oder das „starre“ Eintrittsalter ganz abzuschaffen und durch ein „flexibles“ zu ersetzen. „Flexibel“ klingt ja auch viel dynamischer und moderner als „starr“. Die beste Idee wäre: Wir lassen den Quatsch mit dem deutschen Renteneintrittsalter ganz und arbeiten einfach solange weiter, bis die italienische Rentenkasse nach Berlin meldet, dass sie voll ist.

Für die deutschen Unionsparteien ist die Sache mit dem „Wiederaufbaufonds“ ein wenig heikel. Der Fonds funktioniert ja so, dass sich die Geberländer zugunsten der Nehmerländer verschulden. Das wäre dann die berüchtigte „Schulden-Union“, die es nach den Beschlüssen von CDU und CSU niemals geben sollte. So hatte man’s den deutschen Wählern fest versprochen, die nun etwas säuerlich aus der Wäsche gucken.

Merkel hat das zusammen mit Macron beschlossen – und die Union nickt brav, statt entgeistert zu protestieren. Kommt das nicht etwas komisch rüber? Paul Ziemiak, der Generalsekretär der CDU, hat die Gefahr erkannt und sich in seiner Not an den legendären Ratschlag von Ex-Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker erinnert: „Wenn es ernst wird, müssen wir eben lügen.“ So erzählt er nun tatsächlich: „Es wird keine Euro-Bonds geben, es wird keine Schulden-Union geben, es wird keine gemeinschuldnerische Haftung geben.“ Wie jetzt? Meint er das ernst? Ziemiak erinnert an den Mann, der gellend brüllt: „Ich schreie nicht!!!“

Andere versuchen sich schwitzend im Haarespalten: Es würden ja keine alten Schulden vergemeinschaftet, sondern nur neue Schulden gemeinsam aufgenommen. Ach so, das ist natürlich ganz etwas anderes. Neue Schulden sind schließlich ... neu. Und bestimmt auch viel schöner als die alten. 

Selbst die Mittelstandsvereinigung der Union hat nichts gegen die schönen neuen Schulden, die Deutschland aufnimmt, um das Geld anderen zu schenken. Der „Wiederaufbaufonds“ müsse aber „inhaltlich und zeitlich auf die Corona-Krise begrenzt“ sein, so die einstigen Gralshüter von Marktwirtschaft und Haushaltsdisziplin in der CDU/CSU. 

Zeitlich begrenzt? Kein Problem, das regeln wir wie beim Soli; der ist schon seit 1991 „zeitlich begrenzt“. Auch der europäische Rettungsschirm EFSF war von Anfang an aufs Engste zeitlich befristet. Vor ein paar Tagen feierte er quicklebendig seinen zehnten Geburtstag.

Ob die Deutschen dem „Begrenzen“ noch glauben? Könnte zum Problem werden. Aber selbst das können wir lösen. Wir unterbrechen das Programm nur für einen Moment und fangen kurze Zeit später mit der gleichen Sache von Neuem an. Ebenfalls wie beim Soli. Der war auch mal kurz in der Pause, um dann ganz schnell wiederzukommen und bis heute zu bleiben.

Allerdings dürfen wir es mit unserer Verschuldung nicht übertreiben, sonst gerät selbst Deutschland noch in finanzielles Gedränge. Das hätte die haarsträubende Folge, dass den EU-Partnern unser Geld ausgehen könnte. Aber Corona bietet ja glücklicherweise viele neue Möglichkeiten, um an die Barschaft der deutschen Bürger zu gelangen und so die Verschuldung des Staates zu bremsen. 

In Baden-Württemberg musste eine Familie 1000 Euro Strafe zahlen, weil sie, Opa, Eltern und zwei Töchter, draußen zu nahe beieinanderstanden, obwohl sie in vier verschieden Haushalten leben. Laut „Stuttgarter Nachrichten“ ist die Familie erst enger zusammengerückt, als sich ihr ein Streifenwagen in einer ruhigen Waldecke näherte. Dem entstiegen die Beamten, welche in dem Zusammenrücken einen Verstoß gegen den Infektionsschutz entdeckten. Später kam die 1000-Euro-Rechnung vom Ordnungsamt.

Was die Fünf offenbar nicht wussten: In geschlossenen Räumen dürfen sie sich als Direktverwandte ohne Mindestabstand drängeln, wie sie möchten. Aber sobald sie das Haus verlassen, gilt, dass sie in nicht mehr als zwei verschiedenen Haushalten leben dürfen, sonst müssen sie den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. Auf diesen sinnlosen Unterschied kam die Familie natürlich nicht. Denn auch wenn man sich noch so sehr vor Ansteckung fürchtet: Im Freien ist die Nähe wegen der besseren Durchlüftung zweifellos noch unproblematischer als drinnen. 

Aber genau zu diesem Zweck sind solche Verordnungen ja auch gemacht: Die Leute sollen auf sie hereinfallen, damit mehr Geld in die Staatskasse kommt. Rom wird die deutsche Posse mit Genugtuung aufgenommen haben.