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05.06.20 / Kommentare / Grünes Reifezeugnis

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23 vom 05. Juni 2020

Kommentare
Grünes Reifezeugnis
Erik Lommatzsch

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde Robert Habeck von vielen Medien eine große Zukunft als erster grüner Bundeskanzler prophezeit. Im Zuge der thematischen Verengung der letzten Wochen auf „Corona“, die seltsamerweise stark steigende Umfragewerte für die gegenwärtige Regierung zur Folge hatte, ist der Co-Vorsitzende der Partei, die sich immer mehr als Restriktionsverein geriert, arg in Vergessenheit geraten. 

Folglich verspürt Habeck das dringende Bedürfnis nach öffentlicher Aufmerksamkeit und meldet sich mit einer Forderung zu Wort. Anders als gewohnt geht es dieses Mal nicht um ein weiteres Verbot, sondern um die Ausweitung von Rechten, und zwar die Absenkung des Wahlalters auf 16 „schon für die nächste Bundestagswahl“. 

Neu ist das Ansinnen der Grünen nicht. Der Berliner Volksmund würde hier sicher nicht sagen, „Nachtigall ick hör dir trapsen“; er würde eher von „trampeln“ sprechen. Der Grund ist offensichtlich, es geht um Stimmenzuwachs. Dass der Grünenwähler-Anteil bei jüngeren Menschen vergleichsweise groß ist, ist kein Geheimnis. 

Zur Begründung erklärt Habeck, es sei „absolut vorbildlich, wie sich die junge Generation seit inzwischen mehr als zwei Monaten verhält, wie sehr sie sich um die Älteren sorgt und welche Solidarität sie ihnen entgegenbringt“. Die während der „Corona-Pandemie“ gezeigte „politische Reife“ müsse man anerkennen. Selbst dem geneigten Betrachter erschließen sich diese Zusammenhänge wohl nur schwer.

Nach einer Verfassungsänderung war die Altersgrenze für die Bundestagswahl zuletzt 1972 abgesenkt worden. Abstimmen durfte seitdem jeder Deutsche ab 18 Jahren, von 1975 an konnte auch jeder ab 18 kandidieren. Damals hieß es etwa, dass man in diesem Alter verantwortlich im Berufsleben stehe und Männer Wehrdienst zu leisten hätten, insofern sei auch das Wahlrecht zuzugestehen. Das klingt etwas handfester als das von Habeck ausgestellte Politik-Zeugnis für heutige 16-Jährige.