16.04.2024

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05.06.20 / Tierleben nach dem Corona-Lockdown / Langweilig ohne Menschen / In einem wiedereröffneten Wildpark müssen sich Tiere und Besucher erst wieder aneinander gewöhnen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23 vom 05. Juni 2020

Tierleben nach dem Corona-Lockdown
Langweilig ohne Menschen
In einem wiedereröffneten Wildpark müssen sich Tiere und Besucher erst wieder aneinander gewöhnen
Stephanie Sieckmann

Einige Tage nach der Öffnung läuft im Wildpark Schwarze Berge in Hamburgs Süden die Elchkuh aufgeregt am Zaun entlang und galoppiert über die Wiese. Ihr Kalb steht unten am Hang unter einer Baumgruppe. Ein paar hundert Meter weiter im Rotwildgehege reckt der Hirsch die Nase in den Wind, dreht den Kopf, beobachtet die Umgebung. Der gesamten Herde, die dicht beieinandersteht, ist die Anspannung anzusehen.

„Das Rotwild ist ständig in Lauerstellung. Sonst lagen sie einfach ganz entspannt rum“, bemerkt eine Besucherin. Es stimmt. Die Herde wirkt jederzeit bereit, die Flucht anzutreten. Nach der sechswöchigen Pause müssen sich die Tiere im Wildpark offensichtlich erst einmal wieder an Besucher gewöhnen. 

Die Gäste des Wildparks Schwarze Berge wirken dagegen befreit. Endlich wieder raus, endlich wieder was unternehmen! Bei bestem Wetter sind die Besucher gleich in den ersten Tagen der Öffnung nach dem Corona-Lockdown in großer Zahl zu dem Naturerlebnis-Park geströmt. „Die Zahlen waren gut“, bestätigt Geschäftsführer Arne Vaubel, „aber wir haben sechs Wochen mit bestem Wetter verloren. Da können ein paar Tage mit ordentlichen Besucherzahlen den Ausfall nicht wettmachen.“ Ein Sonnabend im Mai war der beste Tag im Wildpark. An diesem Tag waren bis zu 2000 Menschen auf der Anlage. Die Fläche bietet mit 50 Hektar ausreichend Platz, um diese Anzahl an Personen gut zu verteilen. 

Auf Einbahnstraßen zu den Tieren

Die Öffnung der Wildparks erfolgte unter strengen Regeln. Zu den Maßnahmen, die von Vaubel und seinem Team getroffen und umgesetzt wurden, gehört eine Maskenpflicht im Kassenbereich, in den Toiletten sowie auf dem Elbblick-Turm. Auf dem gesamten Rundgang wird das Tragen des Mundschutzes empfohlen, es ist jedoch nicht Pflicht. Damit auch niemand seinen Nasen-Mundschutz im Auto vergisst, stehen bereits auf den Parkplätzen Hinweisschilder mit dem Aufdruck: „Denken Sie an den Mundnasenschutz!“

Vor der Kasse entstehen zeitweise lange Schlangen. Das Anstehen nutzen die Besucher dafür, schon mal in der Hosentasche oder Handtasche oder der Jacke nach der Maske zu suchen. Angelegt wird sie erst, kurz bevor der entscheidende Schritt an das Kassenhäuschen gemacht wird. An der Kasse ist die Maske Pflicht. Dort bekommt jeder Gast neben seinem Tagesticket auch einen gedruckten Hinweis zu den Corona-Schutzmaßnahmen. 

Der Rundgang durch den Park ist vorgezeichnet – Richtungspfeile auf dem Boden geben die Richtung vor. Dabei soll der Weg nach dem Einbahnstraßen-Prinzip in eine Richtung fortgesetzt werden. Außerdem gilt das Rechtsgehgebot. Aber sagen sie das einmal einem Fünfjährigen nach wochenlangem Kita-Entzug. Hüpfen und Springen, Vorlaufen und Seitenwechseln sind da so gut wie nicht zu verhindern.

Abstand soll gehalten werden. Mindestens anderthalb Meter – auch darauf weisen immer wieder Hinweisschilder hin. Flugschauen, Fütterungen, Führungen – kurz alles, bei dem sich Menschen in normalen Zeiten dicht versammeln, um gut sehen zu können, fällt zurzeit deshalb leider aus. 

Wann immer ein Durchgang passiert wird, machen Pfeile klar, wo der Eingang und wo der Ausgang ist. Während direkt hinter dem Kassenhäuschen die Maske abgelegt wird, hat so ziemlich jeder Besucher seinen Maskenschutz vorbildlich schnell zur Hand, wenn er beim Dachs vorbeischaut und die wenigen Meter durch den überdachten Bereich geht.

Füttern ist – noch – verboten

Darüber hinaus ist die Disziplin offensichtlich in den letzten Wochen aufgebraucht worden. Abstand halten? In die Armbeuge niesen? Den Arm nicht durch das Gatter stecken? Nur in eine Richtung gehen? Das fällt nicht nur den Kindern enorm schwer.  Auch die öffentlichen Fütterungen der Tiere werden aktuell nicht durchgeführt, um zu verhindern, dass zu viele Besucher an einem Ort dicht beieinanderstehen. „Deshalb wird jetzt so ziemlich alles an Grün gepflückt und abgerissen und den Tieren durch den Zaun hingehalten“, sagt Vaubel, „auch Pflanzen wie Rhododendron, von denen wir ja sehr viele im Park haben. Die sind giftig. Das weiß aber kaum jemand.“ 

Um das Füttern von giftigen Pflanzen oder alten Brötchen zu verhindern, die ebenfalls für viele Tiere ungesund sind, soll möglichst bald wieder das Füttern von Wildfutter erlaubt werden, das direkt im Wildpark gekauft werden kann.

Auch was die Führungen angeht, bleibt zu hoffen, dass sie bald wieder erlaubt werden. Zumindest erwecken einige der erwachsenen Besucher den Eindruck, dass Nachhilfe in Sachen Biologie dringend nötig ist. „Sag mal, ist der Wolf eigentlich eine Katze oder ein Hund? Ach, schau mal, hier auf der Tafel steht, der Hund stammt vom Wolf ab!“