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12.06.20 / US-Truppen in Deutschland / Zwischen Wunsch und Wirklichkeit / US-Präsident Trump verärgert wieder einmal das politische Berlin – und legt zugleich die Schwächen der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik offen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24 vom 12. Juni 2020

US-Truppen in Deutschland
Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
US-Präsident Trump verärgert wieder einmal das politische Berlin – und legt zugleich die Schwächen der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik offen
René Nehring

Mit seiner Ankündigung, 9.500 der 34.500 in Deutschland stationierten US-Soldaten abziehen zu wollen, hat Donald Trump einen Nerv getroffen. Zugleich hat der Präsident – nach dem Karlsruher Urteil über die EZB-Politik und dem damit verbundenen Kompetenzstreit zwischen den EU-Institutionen und den Nationalstaaten – den Fokus auf ein weiteres strategisches Problem gerichtet: die sicherheitspolitische Abhängigkeit von den USA.  

Das Problem ist keinesfalls neu: Spätestens seit der Amtszeit Barack Obamas und der seinerzeit vollzogenen Neuausrichtung der US-Außenpolitik auf das Schwerpunktgebiet Asien („pivot to Asia“) verloren die traditionellen NATO-Bündnispartner in Europa für die Amerikaner sukzessive an Bedeutung. 

Zudem wuchs in Übersee der Frust darüber, dass die europäischen Partner – darunter Deutschland – seit Jahren ihrer Verpflichtung, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts als Beitrag an das Bündnis zu überweisen, nicht nachkommen. Immer wieder hat Trump in seiner Amtszeit auf diesen Missstand verwiesen und gedroht, die US-Truppen abzuziehen, falls sich daran nichts ändern sollte. Sicherheitsexperten wissen, dass auch eine Regierung Hillary Clinton – oder Joe Biden – in dieser Hinsicht für die Europäer unangenehme Gesprächspartner wären. 

Um so mehr müssen die deutschen Reaktionen auf die Trumpsche Ankündigung erstaunen. Dass Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Links-Fraktion im Deutschen Bundestag, dazu sagt, Berlin sollte die Ankündigung dankend annehmen und mit Trump den Rückzug aller US-Truppen und der US-Atomwaffen aus Deutschland aushandeln – geschenkt. 

Fragwürdige Reaktionen

Dass jedoch der verteidigungspolitischen Sprecherin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, lediglich einfällt, „vermutlich weiß der Präsident der Vereinigten Staaten gar nicht, dass Deutschland der Dreh- und Angelpunkt logistisch und in der medizinischen Versorgung für die US-Armee ist – auch und besonders für Einsätze im Nahen und Mittleren Osten“, zeigt die ganze Hochnäsigkeit in Teilen der deutschen Politik unserer Tage. Ob Frau Strack-Zimmermann im Gegenzug um die Bedeutung der USA für die Sicherheit Deutschlands weiß? 

Geradezu abenteuerlich ist die Aussage des SPD-Fraktionschefs Rolf Mützenich – dem immerhin Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur im nächsten Jahr nachgesagt werden –, der gegenüber der Funke-Mediengruppe sagte, Trumps Abzugspläne könnten zu einer „nachhaltigen Neuausrichtung der Sicherheitspolitik in Europa“ führen, in der sich Europa stärker auf sich selbst besinnen müsse. Gerade Mützenich, der einer der wenigen Außenpolitikexperten im Bundestag ist, sollte eigentlich wissen, dass alle bisherigen Bemühungen der Europäer, eine eigene Verteidigungsbereitschaft aufzubauen, seit der Ablehnung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft im französischen Parlament 1954 gescheitert sind. 

Zudem muss, wer wie Mützenich von einer Neuausrichtung der Sicherheitspolitik in Europa träumt, den Menschen wenigstens in Grundzügen erklären, wie diese aussehen könnte. Die Realität sieht jedenfalls so aus, dass die Bundeswehr trotz ihres prekären – durch jahrzehntelanges Kaputtsparen entstandenen – Zustands noch immer eine der besten Armeen Europas ist. Die Lage der französischen und der italienischen der Streitkräfte ist keineswegs besser, und die Briten – gehören seit Jahresanfang nicht mehr zur Europäischen Union. Der Rest spielt, mit Verlaub,  kaum eine Rolle. 

Die Wahrheit ist, das mag jedem einzelnen gefallen oder nicht, dass bis auf weiteres die deutsche und europäische Sicherheit von der Beistandsgarantie der USA abhängig ist. Entsprechend sollten alle Verantwortlichen das Bündnis pflegen – wozu auch das Entrichten der NATO-Mitgliedsbeiträge gehört. Ein sicherheitspolitischer Alleingang würde für die Europäer deutlich teurer werden.