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12.06.20 / Boeing / Die Konkurrenz aus Chicago / Warum der weltweit zweitgrößte Hersteller von Luft- und Raumfahrttechnik bislang das Nachsehen hatte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24 vom 12. Juni 2020

Boeing
Die Konkurrenz aus Chicago
Warum der weltweit zweitgrößte Hersteller von Luft- und Raumfahrttechnik bislang das Nachsehen hatte

Nach der Einstellung der Flüge mit dem Space Shuttle initiierte die US-Weltraumbehörde NASA das Commercial Crew Programm (CCP) samt dem Teilprogramm Commercial Crew Development (CCDev), in dessen Rahmen sie mit mehreren Privatfirmen Verträge über die Entwicklung von neuartigen bemannten Raumfahrzeugen abschloss. In der vorerst letzten Runde des CCDev namens Commercial Crew Transportation Capability (CCtCap) wurden im September 2014 Aufträge in Höhe von 4,2 beziehungsweise 2,6 Milliarden US-Dollar an die Unternehmen Boeing und SpaceX vergeben.

Damit entspann sich naheliegenderweise ein Wettlauf, wer als erster seine Kapsel samt Besatzung ins Weltall schießen würde, den Elon Musks SpaceX mit dem erfolgreichen Start der „Crew Dragon“ gewann. Boeing lag zunächst ebenfalls recht gut im Rennen und schickte sein siebensitziges Raumschiff CST-100 „Starliner“ am 20. Dezember 2019, also neuneinhalb Monate nach dem unbemannten ersten Testflug des Konkurrenzmodells „Crew Dragon“, ohne Astronauten ins All. 

35 Millionen Dollar Preisdifferenz

Diese Kapsel ist der von SpaceX insofern überlegen, als sie nicht nur im Wasser, sondern auch auf dem Festland niedergehen und zugleich mehrfach verwendet werden kann. Dem steht allerdings entgegen, dass ein Sitzplatz im „Starliner“ 90 Millionen Dollar kosten wird, während Musk hierfür nur 55 Millionen berechnet. Das kann die NASA jedoch tolerieren, weil die Kosten pro Start und Astronaut im Space Shuttle bei 170 Millionen Dollar lagen, wenn man den heutigen Wert der US-Währung zugrunde legt. Trotzdem steht die Weltraumbehörde der Vereinigten Staaten der Kapsel des Luftfahrtgiganten Boeing skeptisch gegenüber.

Schuld hieran ist der Verlauf des Erprobungsfluges (Mission Boe-OFT) vom Vorjahr. Nach der Trennung des „Starliners“ von der Trägerrakete „Atlas V“ zeigte sich, dass die Steuerungssoftware des Gefährtes mehrere gravierende Fehler aufwies, die an jene in dem Verkehrsflugzeug Boeing 737 MAX erinnerten, die zu zwei Abstürzen mit 346 Toten geführt haben. Durch den Übergang zur manuellen Steuerung und das Überspielen eines Software-Updates gelang es zwar, den Verlust des Raumschiffes zu verhindern, doch musste der Flug nach zwei Tagen ohne Ankopplung an die ISS abgebrochen werden. 

„Korrekturmaßnahmen“ verordnet

Danach verordnete die NASA Boeing 61 „Korrekturmaßnahmen“, durch deren Umsetzung sich der bemannte Erstflug des „Starliners“ mit vier Astronauten an Bord bis 2021 verzögern dürfte.W.K.