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12.06.20 / Fotografie / Sumo-Kämpfer mit Kamera / Schau zum 100. Geburtstag – Helmut Newtons Bildinszenierungen im Wedeler Ernst-Barlach-Museum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24 vom 12. Juni 2020

Fotografie
Sumo-Kämpfer mit Kamera
Schau zum 100. Geburtstag – Helmut Newtons Bildinszenierungen im Wedeler Ernst-Barlach-Museum
Andreas Guballa

Helmut Newton gilt als einer der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts. Kein Fotograf seiner Zeit hat aufwendigere und provozierendere Bildinszenierungen geschaffen als er. Aus Anlass seines 100. Geburtstags zeigt das Ernst-Barlach-Museum in Wedel bei Hamburg eine Zusammenstellung seines fotografischen Lebenswerks.

Der am 31. Oktober 1920 geborene Berliner mit jüdischen Wurzeln flüchtete 1938 nach Singapur, lebte danach in Australien, Monaco und den USA. Bekannt sind vor allem seine Werke aus den 1970er Jahren, als er einer der begehrtesten, streitbarsten, bestverdienenden Mode-, Werbe-, Porträt- und Aktfotografen war. 

Die sorgfältig inszenierten erotischen Fantasien haben damals provoziert, inzwischen sind sie Themen von Bestsellerliteratur. Lasziv gerauchte Zigaretten und naturbelassener Haarwuchs steht für den Stil der Zeit. Dabei sind die abgebildeten Frauen nie Objekte des Fotografen, sie sind Mitspielerinnen auf Augenhöhe, strahlen Kraft und Selbstbewusstsein aus. 

370 Fotos in enger Hängung, die meisten davon schwarzweiß, geben im Barlach-Museum mehr als einen Einblick in das Schaffen des berühmten Fotografen. Die drei Stockwerke des Hauses stecken quasi voll mit Newton-Bildern. Wie eine Reliquie wird mitten im Raum ein Buch der Superlative auf einem blanken Ständer präsentiert: „SUMO“, ein 40-Kilo-Band und 50 mal 70 Zentimeter groß, 1999 in einer Auflage von 1000 Exemplaren veröffentlicht und vom Fotografen personlich signiert. Etwas spater wurde der von zahlreichen Prominenten signierte Fotoband auf einer Wohltätigkeitsauktion zum teuersten Buch des 20. Jahrhundert. 

Dass das Titelbild dabei eines der bekannten sogenannten „Big Nudes“ zeigt, eine dieser nackten, idealschönen Frauen, mit denen der Fotograf 1982 für viel Aufregung sorgte, reduziere die Jubiläumsschau auf keinen Fall, meint Kurator und Museumschef Jürgen Doppelstein: „Es geht um das Gesamtwerk Newtons, sein ,Best-of‘, gegliedert in die Bereiche Mode, Akt und Porträt.“ 

Zu sehen sind Fotografien der bekanntesten und einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt in selbstbewusstem Gestus, eingewoben in die Interieurs mondäner Villen oder hineingestellt in surreale Landschaften; herausragende Porträtfotografien, etwa die von Helmut Kohl, David Hockney oder dem schlafenden Andy Warhol, mit denen Helmut Newton Meisterwerke auch dieser Gattung geschaffen hat. Der Zeitraum umfasst den Anfang der 60er bis zu den späten 1990er Jahren. 

Die Wedeler Ausstellung zeigt nahezu sämtliche Fotoseiten des „SUMO“-Buches in Originalgröße, vom Boden bis zur Decke, Raum für Raum, Seite für Seite, in kluger Auswahl, Newtons Lebenswerk als inszenierter Museumsrundgang.

Mühlenstraße 1, 22880 Wedel, geöffnet täglich von 11 bis 18 Uhr, Eintritt: 10 Euro. Am 9. Juli soll in den Kinos die Dokumentation „Helmut Newton – The Bad And The Beautiful“ starten, Regie: Gero von Boehm, mit Helmut Newton, Isabella Rossellini, Charlotte Rampling, Anna Wintour, Grace Jones und vielen anderen.