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19.06.20 / Brillen / Wie man Durchblick bewahrt / Von der Nasenklemme zum modischen Accessoire – Eine kleine Geschichte des besseren Sehens

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25 vom 19. Juni 2020

Brillen
Wie man Durchblick bewahrt
Von der Nasenklemme zum modischen Accessoire – Eine kleine Geschichte des besseren Sehens
Silvia Friedrich

Heutzutage tragen mehr als 40 Millionen Deutsche eine Brille. Doch es hat recht lange gedauert, bis Menschen sich dieses Hilfsmittels bedienen konnten. Wer sie erfunden hat, ist unklar. Arabische Wissenschaftler wie auch der Astronom Alhazen (auch bekannt als Ibn-al-Heitam, um 965–1040) hatten sich schon im Mittelalter mit der Lehre von der Ausbreitung des Lichts, der Optik, befasst. 

Heitam nutzte Teile einer Glaskugel zur optischen Vergrößerung. Als sein Werk 1240 ins Lateinische übersetzt wurde, griffen Mönche wie der englische Franziskaner und Philosoph Roger Bacon, die Entdeckung auf. Aus Quarzen und Bergkristall fertigten italienische Mönche dann im 13. Jahrhundert eine Art Lesestein. Dabei handelte es sich um eine halbkugelförmige Linse mit einer flachen Grundfläche, die man auf die Schrift legte, die so vergrößert wurde. Nun konnten auch ältere Mönche, die des Lesens kundig waren, Texte wieder entziffern. 

Bauern und Händler waren damals meist Analphabeten. Bildung war bekanntermaßen nur der weltlichen und geistlichen Elite, also dem Adel und den Klosterbewohnern, vorbehalten. Da die Lesesteine aus dem kristallisierten Mineral Beryll geschliffen wurden, leitete sich daraus die Bezeichnung „Brille“ ab.

Die Insel Murano, nördlich der Altstadt von Venedig gelegen, galt lange als Zentrum der Glasherstellung. Die Rezepturen dafür wurden streng bewacht und die Cristalleri (Glasmacher) durften die Insel nicht verlassen, um das Geheimnis zu schützen. Die Cristalleri schliffen schon im 13. Jahrhundert konvexe Linsen, die deutlich flacher waren als der Lesestein. Sie wurden in Holz, Horn oder Eisen gefasst und mit einer Niete zusammengefügt. Somit war die Nietbrille erfunden, die man sich vor die Augen hielt. Lange konnte man nur Linsen für Weitsichtige schleifen. Anfang des 16. Jahrhunderts gelang es, auch Linsen für Kurzsichtige herzustellen.

Ein großes Problem war jedoch, wie man die Gläser im Gesicht befestigt. So gab es Versuche, die Brillengläser an der Mütze festzuknoten, sodass die dann vor den Augen herumbaumelten. Sehr beliebt bis ins 19. Jahrhundert hinein war das Monokel, eine Weiterentwicklung des Lesesteins aus dem 14. Jahrhundert. Es handelte sich um ein einzelnes Glas, das man zwischen Wange und Oberlid einklemmte. Wer etwas auf sich hielt, trug dieses Zeichen der Vornehmheit.

Dank des Erfindungsreichtums der Glasmacher entstand der Zwicker ab dem 16. Jahrhundert. Zwei Gläser in Metall gefasst, verbunden durch einen metallenen Federbügel. Das Ganze konnte man sich auf die Nase stecken. Auch gab es die Scherenbrille, auch Lorgnon genannt, für Damen. Es war eine Brille am Stiel, die man sich vor die Augen hielt. Auf vielen alten Abbildungen kann man diese Sehhilfen noch betrachten. 

Endlich, im 18. Jahrhundert, wurden in London die Ohren- oder Schläfenbrillen entwickelt. Durch Weiterentwicklung entstanden dann bis heute die modernen Brillen mit Bügel, die das Gestell hinter dem Ohr festhalten. Heute gibt es Brillen in allen Formen und Farben.





Vorreiter moderner Brillentechnik kommt aus Deutschland

Carl Zeiss Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Qualität der Brillen bereits auf einen Höhepunkt gelangt. 

Die Firma Carl Zeiss in Jena erreichte ab 1908, Brillengläser noch entscheidend zu verbessern. Unter dem geschützten Namen „Punktal“ gelang es 1912 dem Optiker Moritz von Rohr (1868–1940) für die Firma Zeiss, punktuell abbildende Brillengläser zu entwickeln, die Unschärfen an den Brillenrändern deutlich verringern. 

Bis dahin mussten Brillenträger den Kopf drehen, um betrachtete Objekte scharf zu sehen. Was zu der Zeit revolutionär war, ist heute ein ganz selbstverständlicher Brillenstandard.

Ebenso bedeutend ist das von der Firma Zeiss 1935 erfundene, erste anpassbare Brillengestell mit rutschsicherem Sitz der Gläser, also die moderne Brillenfassung. 

Bis heute wird bei Zeiss weiter entwickelt, um Brillenträgern durch Beschichtungen der Gläser oder Anpassungen der Gestelle das Tragen einer Brille so angenehm wie möglich zu machen.