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26.06.20 / Attacke gegen Wohnungswirtschaft / SPD fürchtet um gemäßigte Wähler / Enteignungspläne als Bürgerschreck: Vermasseln Ultralinke den Sozialdemokraten die Tour?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26 vom 26. Juni 2020

Attacke gegen Wohnungswirtschaft
SPD fürchtet um gemäßigte Wähler
Enteignungspläne als Bürgerschreck: Vermasseln Ultralinke den Sozialdemokraten die Tour?
Norman Hanert

Nach einem Jahr hat der Berliner Senat nun offenbar die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ abgeschlossen. Während einer Koalitionssitzung am 18. Juni verständigten sich SPD, Linkspartei und Grüne darauf, dass die Innenverwaltung ab jetzt das Gespräch mit den Initiatoren des Volksbegehrens aufnehmen solle. Anfang Juli soll das Prüfverfahren offiziell beendet und ein positives Ergebnis bekannt gegeben werden. 

Ziel des Volksbegehrens ist es, in Berlin die Bestände großer Immobilienunternehmen mit insgesamt rund 250.000 Wohnungen zu verstaatlichen. Bereits im Juni 2019 hatten die Initiatoren mehr als 77.000 Unterstützungsunterschriften von Berlinern eingereicht. Dies waren mehr als dreimal so viele Unterschriften, wie sie für die erste Stufe eines Volksbegehrens benötigt werden. Die auffällig lange Dauer der Überprüfung der rechtlichen Zulässigkeit hatte zuletzt dazu geführt, dass die Aktivisten hinter dem Volksbegehren dem Senat Untätigkeit und eine „unwürdige Hinhaltetaktik“ vorwarfen und sogar mit einer juristischen Klage drohten. 

Parteitag war dagegen

Tatsächlich birgt gerade für die SPD, als größtem Partner in der rot-rot-grünen Berliner Landesregierung, die Enteignungsinitiative einige politische Brisanz. Linkspartei und Grüne hatten sich schon relativ früh aufgeschlossen gegenüber dem Volksbegehren gezeigt. Die Sozialdemokraten votierten auf ihrem Landesparteitag im Oktober 2019 stattdessen gegen die Enteignungspläne. Auf dem Parteitag schloss sich eine Mehrheit der Position des SPD-Landeschefs Michael Müller an, der auf den Mietendeckel verwies und vor immensen Entschädigungskosten warnte, falls große Wohnungsbestände enteignet und verstaatlicht werden sollten. 

Mit Bezug auf den Sprecher des Volksbegehrens sagte Müller, der auch als Berlins Regierender Bürgermeister fungiert: „Wenn Herr Taheri sagt, er möchte den Klassenkampf, dann ist das nicht mein Weg.“ Rückendeckung für seinen Abgrenzungskurs erhielt Müller von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, die ebenfalls prominentes Mitglied der Berliner SPD ist.

Giffeys Chancen in Gefahr

Giffey sagte auf dem Parteitag: „Für mich ist eine moderne Stadt eine, die nicht für Enteignung steht, sondern für Innovation.“ Giffeys Abgrenzung gegenüber ultralinken Positionen kann durchaus schon im Zusammenhang mit der nächsten Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus gesehen werden. Müller kündigte am Anfang dieses Jahres seinen Rückzug vom SPD-Landesvorsitz an. Allgemein wird damit gerechnet, dass Giffey auf dem nächsten Parteitag den Landesvorsitz von Müller übernimmt. 

Zudem gilt Giffey innerhalb der Berliner Sozialdemokraten auch als einzige realistische Option, bei der nächsten Berlin-Wahl in nennenswertem Umfang Wähler der bürgerlichen Mitte zu erreichen. Vor diesem Hintergrund kann sich für die heutige Bundesministerin eine deutliche Positionierung gegen die Enteignungspläne für die SPD als ein Faktor herausstellen, der über Erfolg oder Niederlage im Wahljahr 2021 entscheidet.