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26.06.20 / Denkmalschutz / Villa in der Herzog-Albrecht-Allee verfällt / Wegen Corona: Behörden sehen sich nicht in der Lage, gegen den Eigentümer vorzugehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26 vom 26. Juni 2020

Denkmalschutz
Villa in der Herzog-Albrecht-Allee verfällt
Wegen Corona: Behörden sehen sich nicht in der Lage, gegen den Eigentümer vorzugehen
Jurij Tschernyschew

In Königsberg ist eine deutsche Villa in der Herzog-Albrecht-Allee [Thälmannstraße 19], die zum regionalen Kulturerbe gehört, teilweise eingestürzt. Dabei ging der Giebel der Vorderfassade verloren. Der Fassadeneinsturz kam nicht unerwartet. Beamte der Stadtverwaltung hatten schon vor einiger Zeit bei der Staatsanwaltschaft Anträge mit der Bitte eingereicht, das Objekt einer besonderen Kontrolle zu unterziehen. Zu Beginn des Jahres ordnete das Gericht an, dass der Eigentümer der Villa innerhalb eines Monats Maßnahmen zum Schutz des Gebäudes ergreifen und den Zugang von Unbefugten zu beschränken habe. Dieser kam der Aufforderung jedoch nicht nach.

Der Verfall der historischen Villa hat schon vor langer Zeit begonnen. Sie steht seit über 20 Jahren leer. Vor dem Krieg war es eine Privatvilla in Maraunenhof, einem der angesehensten Stadtteile Königsbergs. Die Villa wurde Anfang des 20. Jahrhunderts am Bismarck-Platz, dem heutigen Schnittpunkt der Straßen Herzog-Albrecht-Allee und Ernst-Wichert-Straße [ul. Gogolja], erbaut. 

Der Stadtteil Maraunenhof wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet, nachdem die alten Befestigungsanlagen 1906 ihre militärische Bedeutung verloren hatten und von den Militärbehörden an die Stadt verkauft wurden. Anschließend wurden die Befestigungsanlagen teilweise abgetragen. Außerhalb der ehemaligen Stadtbefestigung entstanden neue Stadtgebiete. Eines davon war Maraunenhof, dessen Bebauung etwa um 1910 begann.

Der Stadtteil wurde mit privaten Villen wohlhabender Bürger im Jugend- oder im Landhausstil bebaut. Der Maraunenhof war mit dem Zentrum von Königsberg durch eine Straßenbahnlinie verbunden, die entlang seiner Hauptstraße, der Herzog-Albrecht-Allee, verlief. Nach dem Krieg blieben die meisten Gebäude erhalten. In der nachsowjetischen Zeit wie auch vor dem Krieg wurde Maraunenhof  aufgrund seiner Ästhetik, der Nähe zum Oberteich sowie zum Stadtzentrum für wohlhabende Bürger attraktiv. Viele Villen gingen in Privatbesitz über und wurden restauriert. Das Gebäude in der Herzog-Albrecht-Straße wurde nach dem Krieg der Militärbehörde übergeben. Lange Zeit war hier das Gesangs- und Tanzensemble der Ostseeflotte ansässig. In den 90er Jahren wurde ein Teil des Gebäudes vermietet, doch danach leerte es sich und der allmähliche Verfall begann. 

Aufgrund des fehlenden Dachs war im Inneren des Gebäudes praktisch alles verrottet. Das Haus hat keine Fenster- oder Türen mehr, das Grundstück ist mit Müll verwüstet, es gibt keine Zäune, und die Ziegelsteine fallen aus den Mauern. 

Der regionale Denkmalschutzdienst berichtete, dass es zurzeit schwierig sei, verfahrensrechtliche Entscheidungen bezüglich des Zustands der Villa zu treffen, da es wegen der Corona-Beschränkungen keine Möglichkeit gebe, die Frage eines  möglichen Eigentümerwechsels zu prüfen.