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03.07.20 / Wahlkampf in Weissrussland / Lukaschenko setzt auf Konfrontation / Der Bruderzwist mit Moskau erfährt eine Neuauflage – Herausforderer landen im Gefängnis

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27 vom 03. Juli 2020

Wahlkampf in Weissrussland
Lukaschenko setzt auf Konfrontation
Der Bruderzwist mit Moskau erfährt eine Neuauflage – Herausforderer landen im Gefängnis
Manuela Rosenthal-Kappi

Dem weißrussischen Langzeit-Präsidenten Alexander Lukaschenko stehen schwere Zeiten bevor. Am 9. August finden in Weißrussland Präsidentschaftswahlen statt und der „letzte Diktator Europas“ kämpft um seine sechste Amtszeit. 

Zeitgleich lässt er sich auf einen Zwist mit dem „großen Bruder“ Moskau ein. Schon seit Längerem liegen Pläne zur von Russland forcierten „stärkeren Integration“ beider Länder auf Eis. Offenbar befürchtet Lukaschenko einen Majdan in Minsk. Seit Beginn der Ukrainekrise hält er sich die Option einer Westanbindung offen. Westliche NGO bereiten Weißrussland auf einen von Lukaschenko versprochenen Demokratisierungsprozess vor, was im Kreml mit Argwohn beobachtet wird. Aus der Sicht Moskaus verfolgen die NGO nur ein Ziel: die Beeinflussung der weißrussischen Gesellschaft und die Abnabelung des Landes von Russland. 

Der permanente Streit um Öl- und Gaspreise dient Moskau nicht zuletzt als Druckmittel gegen Lukaschenko, der es an der erwarteten Loyalität gegenüber dem Nachbarn vermissen ließ. Verträge über verbilligtes Öl ließ Russland auslaufen, nun gibt es Streit um den Gaspreis. Der russische Staatskonzern Gazprom spricht von 165 Millionen US-Dollar, die Minsk schuldig geblieben sei. Lukaschenko sieht sich angesichts des drastisch gefallenen Gaspreises auf dem Weltmarkt nicht an den vertraglich ausgehandelten Preis von 125 Dollar pro 1000 Kubikmeter gebunden, wenn der Westen für die gleiche Menge derzeit nur 80 Dollar zahlt. 

Erstmals in seiner 26-jährigen Regierungszeit gibt es ernstzunehmende Herausforderer. Einer von ihnen, Viktor Babariko, hat sogar große Unterstützung. 

25 Jahre lang war er Chef der Belgazprombank, einer weißrussischen Tochter von Gazprom, die zu je 49,8 Prozent Gazprom und der Gazprombank gehört. Babariko gilt als ernsthaftester Herausforderer des ewigen Lukaschenko. Er schaffte es, weit über 100.000 Unterschriften für seine Bewerbung zu sammeln. 

Lukaschenko macht derweil Wahlkampf mit antirussischen Losungen. Gegen Babariko wütete er zunächst mit Beleidigungen und Anschuldigungen, eine Marionette Moskaus zu sein. Russland unterstellte er, eine Annexion Weißrusslands zu planen. Dann schlug Lukaschenko zu: Gegen 15 Manager der Belgazprombank laufen Prozesse, wegen illegaler Geschäftspraktiken ließ er Babariko verhaften und in einer KGB-Haftanstalt verschwinden. Die Bank wurde der weißrussischen Zentralbank in Minsk unterstellt. Im Mai war der Blogger Sergej Tichanowskij wegen der Beteiligung verhaftet worden, der Oppositionspolitiker Mikola Statkewitsch wurde von der Wahl ausgeschlossen.

Proteste gegen die Verhaftung Baba­rikos gab es in zahlreichen Städten neben Minsk. Der zur Gewohnheit gewordene Familienkrach mit Russland könnte diesmal gefährlich werden, denn wie das Beispiel Ukraine zeigt, bergen derartig geschürte Konflikte die Möglichkeit einer Spaltung.