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03.07.20 / Moderne Kunst / Spaziergang durch die „herrlichste Stadt“ / Halle an der Saale aus der Sicht des Malers Lyonel Feininger erleben: Eine Art Hörbuch macht es möglich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27 vom 03. Juli 2020

Moderne Kunst
Spaziergang durch die „herrlichste Stadt“
Halle an der Saale aus der Sicht des Malers Lyonel Feininger erleben: Eine Art Hörbuch macht es möglich
Helga Schnehagen

Lyonel Feininger war eine wichtige Bereicherung für die Moderne Kunst und ist – zumindest für Halle – ein großes Geschenk für den Tourismus. Der 1871 in New York geborene Künstler kam mit 16 Jahren nach Deutschland, wo er 50 Jahre blieb, bis er 1937 zurück in die USA übersiedelte und 1956 in New York starb. Seine Karriere begann er als Karikaturist. Als Walter Gropius ihn 1919 zum Lehrer ans Bauhaus in Weimar berief, war er bereits 48 Jahre alt. 

Zehn Jahre später erhielt er vom Magistrat in Halle an der Saale den ehrenvollen Auftrag für ein Stadtporträt. Dafür stellte die Stadt ihm ein Atelier im obersten Geschoss des Torturmes der Moritzburg, seit 1904 Kunstmuseum, zur Verfügung, das Feininger bis 1931 immer wieder nutzte. Statt einer entstanden elf Halle-Ansichten, welche zusammen mit 29 Vorzeichnungen die Stadt für das Kunstmuseum erwerben konnte.

Feininger war von Halle begeistert und schrieb an seine Frau Julia den legendären Satz „Halle is the most delightful town“ – „Halle ist die herrlichste Stadt“. Auf diesem Enthusiasmus baut die Internetanwendung (App) des sogenannten Audiowalks auf, also digitale Stadtführungen, die man auf Endgeräten wie Smartphone oder PC laden kann. Sie nimmt den Hörer mit auf eine Tour durch die im Krieg von Flächenbombardements verschonte und großteils sanierte Altstadt vom Marktplatz bis zur Moritzburg. 

Als Hörspiel mit Dialogen, Fragestellungen, Ortsangaben und sachkundigen Erklärungen konzipiert, findet sich der Nutzer in der bunt gemischten Gruppe einer Stadtführung wieder, die von einem Feininger-Motiv zum nächsten führt. Komplettiert wird der akustische Rundgang durch visuelle Informationen: Fotografien und Zeichnungen, die Feininger als Vorlage anfertigte. 

Die neue App ist eine Ergänzung zu den neun Info-Stelen, die schon seit geraumer Zeit auf Feiningers Motive hinweisen. Am Ende wundert man sich dann auch nicht mehr über die bewegte Dachlandschaft des 2005/2008 modern sanierten Nord- und Westflügels der Moritzburg. Sie ist eine Hommage an den selbsternannten „Prismaismus“, mit dem der Künstler Gegenständliches in geometrische Formen einbindet. Musikalisch unterlegt ist die App mit einer 1921 von Feininger komponierten Fuge. Töne setzen konnte der Meister auch.

Feiningers Halle-Bilder zeigen die Bölbergasse und den Trödel sowie mehrere Ansichten von Marktkirche, Dom und Rotem Turm. 1937 wurde Feiningers Zyklus zusammen mit anderen Werken als „entartet“ aus dem Museum entfernt. Drei Bilder sind bis heute in die Dauerausstellung zurückgekehrt.

Audiowalk Feininger App-Download und Webversion unter www.feininger-halle.de beziehungsweise www.moderne-halle.de. Dauerausstellung Sammlung Dr. Hermann Klumpp in der Lyonel-Feininger Galerie Quedlinburg, Schlossberg 11, Eintritt für jeweils 90 Minuten über den Online-Kartenverkauf: www.feininger-galerie.de