18.04.2024

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03.07.20 / Marseillaise / Die Hymne der Französischen Republik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27 vom 03. Juli 2020

Marseillaise
Die Hymne der Französischen Republik
Manuel Ruoff

„Das unreine Blut tränke unserer Äcker Furchen!“ Unvorstellbar, dass sich eine solche Wunschvorstellung in einer deutschen Nationalhymne fände. Und in der Tat stammt sie auch nicht aus der Hymne der ewigen Weltkriegsverlierer, sondern aus jener der Grande Nation: der Marseillaise. Seit 225 Jahren ist das überaus schmissige Stück die Hymne der Französischen Republik. Das Lied war nicht durchgängig der Nationalgesang Frankreichs, aber Frankreich war ja auch nicht durchgängig Republik.

Wenige Tage nach dem Beginn des ersten der Revolutionskriege entstand in der Nacht vom 25. auf den 26. April 1792 in Straßburg die heutige Marseillaise. Als Komponist und Texter gilt der französische Armeeingenieur im Range eines Hauptmanns Claude Joseph Rouget de Lisle. Anfänglich trug das Stück jedoch den Titel „Chant de guerre pour l’armée du Rhin“ (Kriegslied für die Rheinarmee) und war dem Oberbefehlshaber der Rheinarmee, dem in Cham in der Oberpfalz geborenen Marschall von Frankreich Nikolaus von Luckner gewidmet, einem Urgroßvater des deutschen Seeoffiziers und Schriftstellers Felix Graf von Luckner.

Den heutigen Namen erhielt die Marseillaise, weil sie von Soldaten aus Marseille gesungen wurde, als diese am 30. Juli 1792 in Paris einzogen. Wenige Tage später erscholl dieses Lied auch beim geschichtsträchtigen Tuileriensturm, dem Aufstand vom 10. August, an dem auch die Soldaten aus Marseille teilnahmen. Am sechsten Jahrestag des Sturms auf die Bastille, an dem gemeinhin der Beginn der Französischen Revolution festgemacht wird, am 14. Juli 1795, wurde die Marseillaise zur französischen Nationalhymne erklärt. 

Als dezidierte Hymne der Republik war die Marseillaise in der Zeit des ersten Kaiserreiches (1804–1814, 1815), der Restauration (1814–1830), des Julikönigtums (1830–1848) und des zweiten Kaiserreiches (1852–1870) kein Staatssymbol. Interessanterweise kehrte die Zweite Republik (1848–1852) nicht zu ihr zurück, sondern gab „Le Chant des Girondins“ den Vorzug. Erst die Dritte Republik machte die Marseillaise wieder zu ihrer Hymne. Die Vierte und die Fünfte Republik taten es ihr gleich.

Allerdings schloss die Rückkehr kleine, aber doch hochpolitische Änderungen im Detail nicht aus. So ließ der bürgerliche Präsident Valéry Giscard d’Estaing die Marseillaise verhaltener, hymnischer spielen, während sein sozialistischer Nachfolger François Mitterrand das Tempo wieder forcieren ließ. Heutzutage wird bei offiziellen Anlässen eine Variante der Fassung gespielt, auf die sich 1887 ein offizieller Arbeitskreis professioneller Musiker im Staatsauftrag geeinigt hatte.