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03.07.20 / Memelgebiet / Eine Renaissance deutscher Namen / Litauen entdeckt deutsche Ortsbezeichnungen als wichtige Kultur- und Werbeträger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27 vom 03. Juli 2020

Memelgebiet
Eine Renaissance deutscher Namen
Litauen entdeckt deutsche Ortsbezeichnungen als wichtige Kultur- und Werbeträger
Bodo Bost

Es gibt sie wieder: die Memel-Sparkasse, Memel-Bräu und sogar Memel-Brötchen. Während für deutsche Ohren der Name „Memel“ immer fremder und ferner klingt, wird er für litauische Ohren, wo er spätestens ab 1923 verpönt war, heutzutage plötzlich wieder ganz vertraut und modern. 

Memel kommt in Mode

Immer häufiger taucht für alle mögliche Anlässe der Name „Memel“ in der Dangestadt als Werbeträger auf.  So findet man Memel-Immobilien, Memel-Sparkasse, Memel-Bräu, Memel-Werft, Memel-Brötchen, Memel-Friseur, Memel-Taxi und so weiter. Während in sowjetischer Zeit der Name Memel bis 1989 tabu war, bis zur Wiedererrichtung des Ännchen-von-Tharau-Denkmals auf dem Theaterplatz, erscheint der Name der Stadt heute wieder als ein wichtiger Beitrag zur gemeinsamen Kultur auch der Stadt in der Republik Litauen. 

Simon Dach, der in Memel wirkende niederdeutsche Barockdichter, hatte Ännchen von Tharau, eine Pfarrerstochter aus Ostpreußen, in einem seiner Lieder verewigt. Den Namen von Simon Dach trägt heute auch das Kulturzentrum der Memelländer in der Hafenstadt. Dort vertritt man seit 1989 das Erbe und die Ansprüche der deutschstämmigen Memelländer und ihrer Stadt. „Die Leute in der Stadt sind jetzt stolz darauf, auch den Namen Memel zu haben“, sagte Arnold Piklaps, der Leiter des Simon-Dach-Hauses, gegenüber dem Deutschlandfunk.

Gemeinsame Kultur entdeckt

Bei den Verhandlungen über den Versailler Frieden setzte der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau den Beschluss über die Abtretung des Memelgebiets durch. Protestnoten, die auf die 600-jährige deutsche Tradition des Gebietes hinwiesen, wies Clemenceau zurück. 1920 schlossen Deutschland und die alliierten Mächte einen Vertrag, der das Memel- wie das Saargebiet und die Stadt Danzig übergangsweise der Verwaltung des Völkerbundes unterstellte. Ein französisches Truppenkontingent sollte im Namen des Völkerbunds die Sicherheit des „Territoire de Memel“ gewährleisten. Erst am 8. August 1922 wurde Litauisch im Memelgebiet zweite Amtssprache. Aber auch danach schickten die Völkerbundsoldaten noch ihre Grußkarten nach Hause mit dem „Souvenir de Memel“. 

Die Stadt am Nordrand Ostpreußens wurde bei ihrer Gründung vor 768 Jahren nach der Memelburg benannt. Diese wiederum erhielt ihren Namen von den Ureinwohnern der Region, von  den Kuren, welche die Burg nach dem Fluss Memele (stiller Fluss) bezeichneten. Also hätten die Litauer, als sie die Stadt 1923 besetzten, den Namen eigentlich gar nicht ändern müssen, denn die Kuren waren ein den Litauern verwandtes Volk. 

Namen klangen ähnlich

Auch anderswo im Memelgebiet klangen die deutschen und litauischen Namen sehr ähnlich, zum Beispiel bei Wirballen–Virbalis, Schmallningken–Smalininkai und Willkischken–Vilkyskiai. Auch der litauische Name der Stadt, „Klaipeda“, der 1413 erstmals schriftlich belegt ist, stammt aus dem Kurischen, wo „klais“/„klait“ (flach, frei, offen) und „ped“ (Fußsohle, Grund) heißt. Der Fluss Memel, welcher der Stadt ihren Namen gab, obwohl sie gar nicht an ihm liegt, heißt auf Litauisch „Nemunas“. 

Geografisch nicht ganz korrekt

Weil die Stadt Memel gar nicht an dem Fluss Memel, sondern hinter ihm liegt, war auch die erste Strophe des Deutschlandliedes, in dem es heißt: „Von der Maas bis an die Memel“, geografisch nicht korrekt. Denn das geschlossene deutsche Sprachgebiet, an das der Dichter des Liedes der Deutschen erinnern wollte, ging einst zwar nicht über die Maas, aber über die Memel hinaus. 

Aber daran hatte sich im Kaiserreich, als Memel noch zum Deutschen Reich gehörte, kaum jemand gestoßen. Zu oft hatten sich sowohl im Westen als auch im Osten Deutschlands Grenzen geändert, und zu oft sind fast immer große Teile des deutschen Sprach- und Kulturlandes außerhalb der Grenzen verblieben.