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10.07.20 / Frankreich / Die Grande Nation schwächelt / Kommunalwahlen in Frankreich decken Krise des Parteiensystems auf – Präsident Macron am Scheideweg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28 vom 10. Juli 2020

Frankreich
Die Grande Nation schwächelt
Kommunalwahlen in Frankreich decken Krise des Parteiensystems auf – Präsident Macron am Scheideweg
Eva-Marie Michels

Die französische Demokratie ist tot. Das ist die erste Lehre aus dem Wahlergebnis der zweiten Runde der Kommunalwahlen am letzten Juni-Wochenende. 

Nur noch knapp 40 Prozent der Wahlberechtigten nahmen an der Wahl teil. 

60 Prozent wählten nicht, weil sie sich in keiner Partei mehr wiederfinden und zudem das Vertrauen verloren haben, dass sich durch einen demokratischen Machtwechsel irgendetwas ändern würde. 

Die Wähler haben in den letzten 

40 Jahren innerhalb des „erlaubten Parteiensystems“ alles versucht: bürgerlich rechts, sozialistisch und staatstragend mittig. Das Resultat ist seitdem das gleiche: je nach Partei mehr oder minder markige Worte über Gewalt, Massenimmigration, soziale Gerechtigkeit, Arbeitslosigkeit, wirtschaftlichen Niedergang während des Wahlkampfs. 

Am Ende läuft es aber immer darauf hinaus, nicht die Fehler der Vorgängerregierungen zu korrigieren, sondern deren Fehler zu verwalten und technokratisch korrekt zu verbuchen. Das Ergebnis ist ein völlig verfetteter, Gruppeninteressen verfolgender Staatsapparat, der seit 40 Jahren die Bevölkerung mit der linksextremistischen Propaganda der 68er und ihrer Kinder indoktriniert, während die Menschen im Alltag mit einer ganz anderen Realität konfrontiert sind. 

Der Rassemblement National (RN) unter der Führung von Marine Le Pen ist spätestens seit deren katastrophaler Fernsehdebatte mit Macron vor den Präsidentschaftswahlen 2017 keine glaubhafte Alternative mehr zu diesem allseits verhassten System. Zu deutlich zeigte Le Pen darin, dass sie weder intellektuell noch von ihrer Persönlichkeit her dem Präsidentenamt gewachsen ist. Von der Mehrheit der Franzosen wird der RN deshalb heute als Teil der verhassten Parteiendemokratie wahrgenommen, deren Zweck es ist, „Berufsoppositionellen“ ein gutes Auskommen zu garantieren. 

Michel Onfray, der von den Linken kommende Philosoph mit Sympathien für die Gelbwesten, startete kürzlich die Zeitschrift und Plattform „Front Populaire“, um eine echte nationalistisch orientierte Gegenbewegung mit dem Ziel eines Frexit ins Leben zu rufen. Für den Ausstieg aus der EU, wie ihn Teile der Gelbwesten fordern, tritt nicht einmal mehr der RN ein. Diese Position brachte dem Philosophen und seinem Medium seitens des Establishments den wenig schmeichelhaften Ruf ein, „braun-rot“ zu sein. 

Dabei sammeln sich um ihn herum unabhängige, qualifizierte Persönlichkeiten verschiedener politischer und ideologischer Strömungen, die der Kampf gegen die globalistische Elite eint. Dazu zählen der kanadische Soziologe Mathieu Bock-Côté, die bekannten Journalisten Eugénie Bastie und Alexandre Devecchio sowie der Gründer des sozialistischen Souveränitätsprojekts, Jean-Pierre Chevènnement, und die Souveränitätsikone der traditionellen Rechten, der Adelige und Gründer des Themenparks Puy du Fou, Philippe de Villiers. 

Zudem unterstützt der Marseiller Infektiologe, Professor Didier Raoult das Projekt. Die international anerkannte Koryphäe wird umso mehr vom Volk verehrt, je mehr die Pariser Technokratie mit ihren engen Verbindungen zur Pharma-

industrie Raoult wegen seines billigen und effizienten Hydroxychloroquin-Protokolls bei Covid 19 bekämpft.

Die Suche nach einem „Retter“

Viele Franzosen erwarten aus den Reihen der nationalistisch Orientierten einen „Retter“, einen „starken Mann“, der das Land wieder auf die richtige Bahn bringt. Doch es fehlt ein Milieu übergreifender gemeinsamer Sockel, der einem solchen „Retter“ den Boden bereiten könnte. 

Macrons Austausch der Regierung des Premierministers – Édouard Philippe wurde von Jean Castex ersetzt (Seite 8) – ist dabei kaum mehr als eine Verzweiflungstat. Denn die französische Gesellschaft ist atomisiert und polarisiert, und die Globalisierungsopposition kann die fundamentalen ideologischen Differenzen nur kurzfristig schwach übertünchen. 

Das zweite Fazit aus dem sonntäglichen Wahlergebnis lautet, dass die bürgerlichen Republikaner Linke und Linksextremisten dem patriotischen Lager vorziehen. Louis Aliot vom RN gewann zwar in Perpignan mit einer lagerübergreifenden Koalition und ohne das Etikett seiner Partei gegen den bürgerlichen Amtsinhaber Jean-Marc Pujol, doch dies ist wohl eher der allgemeinen Unzufriedenheit mit der dortigen jahrzehntelangen städtischen Korruption geschuldet als einer neuen Offenheit im Umgang mit dem RN. 

In Marseille hatte der Senator Stéphane Ravier die bürgerliche Rechte dazu aufgerufen, eine gemeinsame Liste gegen die vereinigte Linke um die Grüne Michèle Rubirola für das Oberbürgermeisteramt aufzustellen. Ravier hatte nicht einmal personelle, sondern nur inhaltliche Bedingungen gestellt. Trotzdem verweigerten sich die Bürgerlichen dem Angebot und sorgten mit dafür, dass Marseille nun von einer linken Allianz aus Grünen, Insoumis und Sozialisten regiert wird. In anderen Städten wie Carpentras geschah das Gleiche.