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10.07.20 / MP3 / Ausländische Gewinne mit deutscher Idee

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28 vom 10. Juli 2020

MP3
Ausländische Gewinne mit deutscher Idee
Wolfgang Kaufmann

Nicht selten machen mit Steuergeldern alimentierte deutsche Grundlagenforscher bahnbrechende Erfindungen, von denen trotz aller Bemühungen um Patentschutz ausländische Unternehmen stärker profitieren als deutsche. Ein Beispiel hierfür ist die Entwicklung des sogenannten verlustbehafteten Audiokompressionsverfahrens ISO Standard IS 11172-3 MPEG Audio Layer 3. Vor einem Vierteljahrhundert, am 14. Juli 1995, erhielt es die sehr viel weniger sperrige Bezeichnung „MP3“, unter der es die Welt eroberte.

Unter der Leitung von Hans-Georg Musmann und Karlheinz Brandenburg hatten Experten des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen ab 1982 nach Möglichkeiten gesucht, Tondateien derart zu komprimieren, dass bei deren Speicherung und Übertragung ungleich weniger Datenmengen anfielen als bisher. Hierbei griffen die Wissenschaftler schließlich auf eine Idee zurück, die zuvor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg erdacht worden war: Könnte man nicht einfach nur jene Anteile der Tonsignale herausfiltern und verarbeiten, die das menschliche Gehör tatsächlich wahrnimmt?

Das auf diesem Prinzip beruhende MP3-Verfahren machte rund neun Zehntel der Ursprungsdaten obsolet und erlaubte somit hohe Kompressionsraten bei praktisch unverminderter Tonqualität. Die Folgen waren weitreichend. Winzige tragbare MP3-Spieler versetzten jedermann in die Lage, unterwegs auf umfangreiche Sammlungen seiner persönlichen Lieblingstitel zurückzugreifen; Künstler verbreiteten ihre Stücke nun einfach über das Internet; Musiktauschbörsen gingen online. Mit der Revolutionierung der Vermarktung von Musik und sonstigen Tondokumenten einher gingen massenhafte Urheberrechtsverletzungen. 

Die Fraunhofer-Gesellschaft erhielt zwar jahrelang einen hohen zweistelligen Millionenbetrag an Patentlizenzgebühren, doch mittlerweile sind die Patente für MP3 allesamt ausgelaufen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich die via MP3 gespeicherten Musikstücke und sonstigen Audio-Dateien wohl auch noch in 100 Jahren abspielen lassen werden. 

Das wirklich große Geschäft ist den Herstellern der MP3-Abspielgeräte vorbehalten. Sie sitzen meist im Ausland, nicht zuletzt in den USA. Brandenburg zufolge liegt das daran, dass in den USA zehnmal mehr Risikokapital bereitstehe, um neuen Produkten und Firmen eine Chance zu geben.