20.04.2024

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10.07.20 / Reichensperger / Politiker und Förderer des Kölner Doms

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28 vom 10. Juli 2020

Reichensperger
Politiker und Förderer des Kölner Doms
Erik Lommatzsch

Das heute sichtbarste Zeichen des Wirkens von August Reichensperger ist zweifelsfrei der Kölner Dom. Dessen Bau begann 1248 und kam 1528 quasi zum Erliegen. Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu ernsthaften Bestrebungen, den Dom zu vollenden. Er galt nun über seine sakrale Bedeutung hinaus auch als Symbol für den ersehnten deutschen Nationalstaat. Reichensperger wandte sich 1840 mit einer Schrift mit dem Titel „Einige Worte über den Dombau zu Köln, von einem Rheinländer an seine Landsleute gerichtet“ an die Öffentlichkeit. Fortan gehörte er zu denjenigen Persönlichkeiten, die, unter anderem mittels des 1842 gegründeten „Zentral-Dombau-Vereins zu Köln“ (ZDV), maßgeblich dafür sorgten, dass das Bauwerk 1880 fertiggestellt wurde.

Kunsthistorische Interessen pflegte Reichensperger ein Leben lang. Er publizierte ausgiebig und trat für stilgerechte Restaurierung ein. 

Den Zeitgenossen war er aber mindestens ebenso als Parlamentarier ein Begriff. Der am 22. März 1808 in Koblenz geborene Jurist, der als Appellationsgerichtsrat in Köln tätig war, gehörte der Frankfurter Nationalversammlung, dem Erfurter Unionsparlament, dem preußischen Abgeordnetenhaus und dem Reichstag an. 

Reichenspergers Hinwendung zur Politik und zum Katholizismus erfolgte vor allem durch die 1837 eskalierenden „Kölner Wirren“, die Auseinandersetzung des Erzbischofs mit Preußen.  Das politische Engagement Reichenspergers, der vielfach mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Peter zusammenwirkte, galt den Interessen des katholischen Volksteils und der Kirche, denen nicht nur die Berliner Führung misstrauisch gegenüberstand, was später im Kulturkampf gipfeln sollte. 

1852 konstituierte sich im Abgeordnetenhaus die „katholische Fraktion“, aufgrund der herausragenden Rolle der Brüder auch „Fraction Reichensperger“ genannt. Sie gilt als Vorläufer der 1870 gegründeten Zentrumspartei. 

Stets favorisierte der „Beutepreuße“ – das Rheinland gehörte erst ab 1815 zum Königreich – die großdeutsche Lösung unter Einschluss Österreichs. Nach der – kleindeutschen – Reichsgründung verlor er an Einfluss, in der Partei dominierte nun Ludwig Windhorst. In seinem Todesjahr verlieh die Stadt Köln Reichensperger die Ehrenbürgerwürde. Dort ist er vor 125 Jahren, am 16. Juli 1895, gestorben.