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10.07.20 / Referendum in Königsberg / Die Mehrheit stimmte für Putin / Die Abstimmung erfolgte unter verschärften Hygienebedingungen – Niedrige Wahlbeteiligung in Königsberg und im gesamten Gebiet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28 vom 10. Juli 2020

Referendum in Königsberg
Die Mehrheit stimmte für Putin
Die Abstimmung erfolgte unter verschärften Hygienebedingungen – Niedrige Wahlbeteiligung in Königsberg und im gesamten Gebiet
Jurij Tschernyschew

Im Königsberger Gebiet sind die Stimmen des Referendums über die Verfassungsänderung, die eigentlich bereits am 22. April stattfinden sollte, ausgezählt. Da das Referendum wegen der Corona-Krise verschoben werden musste, hatte Präsident Putin den 1. Juli als Abstimmungsdatum festgesetzt. Die Änderungen im Verfassungstext sind recht bedeutsam und betreffen verschiedene Aspekte des öffentlichen Lebens. Insgesamt wurden etwa 200 Änderungsanträge eingereicht. 

Äußerst umstritten war der Vorschlag zur sogenannten Aufhebung der Amtszeit des Präsidenten. Es geht um die Änderung von Artikel 81 „Über das Verfahren zur Wahl des Präsidenten der Russischen Föderation“. In der neuen Fassung heißt es, dass ein und dieselbe Person das Amt des Präsidenten nicht länger als zwei Amtszeiten innehaben darf, aber bei dieser Bestimmung wird die Anzahl der Amtszeiten Putins nicht gezählt. In der neuen Fassung heißt es beispielsweise, dass der Präsident nicht nur das Recht hat, bei Sitzungen der Regierung der Russischen Föderation den Vorsitz zu führen, sondern auch die „allgemeine Leitung“ des Ministerkabinetts auszuüben. Artikel 79 schlägt vor, dass die Bestimmungen der russischen Verfassung Vorrang vor den Bestimmungen internationaler Verträge haben. Dies gilt für Entscheidungen zwischenstaatlicher Organe für den Fall, dass sie dem Grundgesetz widersprechen.

Der Abstimmungsprozess und seine Vorbereitung erfolgten im Königsberger Gebiet nach einem anderen Verfahren als sonst bei Wahlen üblich. So gab es nicht nur einen Wahltag, sondern jeder konnte einen beliebigen Tag in der Woche vom 25. Juni bis zum 1. Juli für die Abgabe seiner Stimme wählen. Darüber hinaus stimmten Menschen über 65 Jahren wegen der Corona-Beschränkungen nicht in den Wahllokalen ab, sondern zu Hause. Die Wahlkommission erhielt über 20.000 entsprechende Anträge. 

In diesem Fall suchten Vertreter der Wahlkommissionen in Schutzkleidung und unter Einhaltung aller sanitären Anforderungen mit einer tragbaren Urne den Bürger an seinem Wohnort auf. Der Abstimmungsprozess verlief so berührungslos wie möglich. Der Bürger legte seinen Reisepass vor und hielt dabei eine hygienische Distanz ein. Danach übergab ein Mitglied der Bezirkskommission dem Bürger berührungslos ein Wahlset für die Abstimmung zu Hause, das einen Stimmzettel, eine Schutzmaske, Handschuhe, einen Stift und ein Antragsformular für die Abstimmung zu Hause enthielt. Die Mitglieder der Kommission und die Beobachter hielten während der Abstimmung einen Sicherheitsabstand ein. Auch die Bezirkskommissionen führten Abstimmungen in mobilen Gruppen in Siedlungen durch, in denen es nicht die notwendigen Räumlichkeiten gibt oder die Verkehrsverbindung schwierig ist.

Die Wahlbeteiligung im Königberger Gebiet war neben Moskau, wo nur 45 Prozent der Wahlberechtigten teilnahmen, eine der niedrigsten in der Russischen Föderation. Die höchste Wahlbeteiligung in der Region gab es in Palmnicken, Tilsit und Rauschen. Dort wurde die größte Zustimmung zur Verfassungsänderung verzeichnet: in Tilsit 86 Prozent, in Palmnicken 80 Prozent. 

Übrigens wurde bei einem Mitglied der Bezirkswahlkommission in Pillau das Coronavirus bestätigt, sodass die Mitglieder der Kommission, die mit dem Erkrankten in Kontakt kamen, durch einen Reserveausschuss ersetzt werden mussten. Die Wahlbeteiligung im Königsberger Gebiet lag bei 56,4 Prozent. Für die Verfassungsänderungen stimmten 72,15 Prozent der Wähler, 27 Prozent stimmten den Änderungen nicht zu. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Wahlbeteiligung in Russland betrug 68 Prozent, wobei 78 Prozent für die Änderungen stimmten.