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17.07.20 / Corona-Krise / „Heldenprämie“ endet als Peinlichkeit / Die versprochene Dankzahlung an die „Alltagshelden“ an der Pandemiefront schrumpft zusammen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29 vom 17. Juli 2020

Corona-Krise
„Heldenprämie“ endet als Peinlichkeit
Die versprochene Dankzahlung an die „Alltagshelden“ an der Pandemiefront schrumpft zusammen
Norman Hanert

Als im Frühjahr die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus am größten war, kündigte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) eine Prämie für „Alltagshelden“ der Krise an. Doch bei der konkreten Umsetzung dieses Versprechens erleben Berlins Kindertagesstätten nun einen Senat, der sich kleinlich und knausrig zeigt.

Immerhin bis zu 1000 Euro pro Kopf hatte Müller am 26. März in seiner Regierungserklärung den Landesbediensteten versprochen, die während der Corona-Krise bei ihrer Arbeit ihre Gesundheit in Gefahr brachten. Profitieren sollten neben Landesbediensteten im Gesundheitswesen, bei Feuerwehr und Polizei auch Mitarbeiter von Schulen und Kitas. Als Empfänger der einmaligen und steuerfreien Zahlung wurden dabei zudem die Erzieherinnen freier Kindertagesstätten genannt, die in den besonders kritischen Pandemiewochen eine Notbetreuung sichergestellt hatten. 

Speziell beim Kitapersonal macht sich nun jedoch Ernüchterung breit. Die „Heldenprämie“ fällt für die Kita-Erzieher deutlich geringer aus, als nach der Regierungserklärung Müllers zu erwarten war. Auch der Kreis der Empfänger ist sehr überschaubar geworden. 

Eine kürzlich getroffene Vereinbarung zwischen dem Senat und großen Kitaträgern sieht vor, dass 20 Prozent des pädagogischen Kitapersonals vom Land eine Leistungsprämie in Höhe von gerade einmal 500 Euro erhalten sollen. Das Land Berlin fügte der Regelung noch den Appell hinzu, die Kita-Träger sollten sich als Arbeitgeber „auch ihrerseits angemessen an einer solchen monetären Wertschätzung“ beteiligen. Den Angesprochenen dürfte dies allerdings in vielen Fällen schwerfallen. Die Prämie war nämlich nur ein Teil der Verhandlungen, die Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) geführt hat.

Zusagen werden einkassiert

Noch im März hatte Scheeres den Berliner Kitaträgern öffentlich fest zugesichert, „dass die Entgelte in der bisher vereinbarten Höhe“ auch weiterhin gezahlt würden. Angesichts leerer Kassen wurde diese Zusage vom Senat aber wieder einkassiert. Als „solidarischen Finanzierungsbeitrags“ für das Bundesland Berlin sollen die Kita-Träger von den regulär erhaltenen Geldern 20 Millionen Euro an den Hauptstadt-Senat zurückzahlen. Im Raum stand seitens des Senats offenbar sogar eine Forderung von 40 Millionen. 

Der Senat begründet seine Forderung mit dem Argument, die Kindertagesstätten hätten während der pandemiebedingten Schließungen viel Geld gespart. Die Kitabetreiber, die in der „Landesweiten AG“ organisiert sind, weisen in einer Stellungnahme dagegen darauf hin, dass Fixkosten für Mieten, Energie und Gehälter weitergelaufen seien. Dazugekommen seien Mehraufwendungen für Hygienematerial, Atemschutzmasken und Investitionen für digitales Arbeiten. 

Viele Träger hätten während der wochenlangen Schließungen bei den Eltern zudem auch auf die anteiligen Verpflegungskosten für Mittagessen verzichtet oder deren Beiträge sogar zurückerstattet. Dieses Vorgehen der Berliner Kitaträger basierte nicht zuletzt auf der Ankündigung der Bildungssenatorin aus dem März, die Zahlungen des Landes an die Kitas würden auch während der Corona-Krise wie gehabt weiterfließen. 

Der Unmut wächst

Mit seiner Rückforderung hat der Senat bei Betreibern offenbar viel Vertrauen verspielt. Stefan Spieker vom freien Kitaträger Fröbel sprach im Zusammenhang mit dem „solidarische Finanzierungsbeitrag“ sogar von Erpressung. Gegenüber dem Sender rbb sagte Spieker: „Also ich hatte den Eindruck, dass die Verbände erpresst wurden. Es wurde gesagt, entweder die Finanzierung wird insgesamt aufgekündigt, und dann machen wir alles neu auf – oder Ihr gebt uns was zurück.“ 

Die seit dem Jahr 2011 amtierende Bildungssenatorin hat durch ihren eigenwilligen Kommunikationsstil noch für weiteren Unmut gesorgt. In einer Erklärung zum ausgehandelten „Solidarbeitrag“ formulierte Scheeres voller Genugtuung: „Wir haben einen guten und für alle Seiten tragbaren Kompromiss erzielt.“ Vertreter kleinerer und mittelgroßer Kitaträger wiesen allerdings verärgert darauf hin, dass sie in die Verhandlungen gar nicht eingebunden waren und vom Verhandlungsergebnis zu dem „Solidarbeitrag“ erst im Nachhinein aus Presseberichten erfahren hätten.