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17.07.20 / Kolumne / Warum nicht alle GI gehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29 vom 17. Juli 2020

Kolumne
Warum nicht alle GI gehen
Florian Stumfall

Zu den immer wiederkehrenden Vorwürfen der deutschen Politiker-Journalisten-Klasse gegen den US-Präsidenten Trump gehört die barsche Zurückweisung von dessen Forderung, Berlin solle mehr an die NATO zahlen, zwei Prozent der wirtschaftlichen Leistungskraft. Derzeit liegen diese Aufwendungen bei 1,3 Prozent, und die Entwick­lung der zurückliegenden Zeit lässt nicht vermuten, dass sich Grund­legendes ändern wird bis zum gesetzten Termin im Jahre 2024.

Doch so einfach, wie es dargestellt wird, ist das Problem nicht. Denn bereits der Begriff „fordern“ ist missverständlich. Bei den zwei Prozent handelt es sich nämlich um eine Verpflichtung, die Berlin gegenüber der NATO eingegangen ist, und nicht um eine fixe Idee des US-amerikanischen Präsidenten. 

Dieses Problem ist also denkbar ungeeignet für reflexartige Anwürfe an das Weiße Haus. Allerdings geht Trumps Entscheidung, in diesem Zusammenhang von den rund 35.000 GI, die in Deutschland stationiert sind, etwa 9500 abzuziehen, was als Abstrafung dargestellt wird, ebenfalls am Kern der Sache vorbei. Dieser nämlich besteht in der Frage, wie es denn mit der militärischen Bedrohung Deutschlands bestellt und woher eine solche zu befürchten sei.

Keine Frage, man muss nicht lange suchen: Die Russen sind’s, die in ungezügelter Gier Blick und Begehren auf Deutschland und ganz Europa richten, um es sich einzuverleiben. So jedenfalls die offizielle Darstellung durch Politiker und Militärs des Bündnisses, das Sinngebung und Lebensrecht aus eben dieser Gefahren-Analyse ableitet.

Drohung oder Verheißung?

Dagegen haben die Aktivitäten, die vom US-Militär in Deutschlands ausgehen, mit dieser strategischen Geschäftsgrundlage wenig zu tun. Dies ist umso auffälliger, als mittlerweile sogar die Systemmedien vereinzelt auf die wahren Zusammenhänge hinweisen. Diese werden deutlich, wenn man die wichtigen US-Basen in Deutschland und ihre Aufgaben betrachtet. Niemand hat das kürzer zusammengefasst als der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Nick in einem Gespräch mit der Deutschen Welle Anfang Juni: „Ein Großteil der US-Streitkräfte in Deutschland ist vorrangig nicht auf die territoriale Landesverteidigung ausgerichtet. Vielmehr erfüllen sie Aufgaben innerhalb des NATO-Bündnisses und in der weltweiten militärischen Präsenz der USA.“

Zwar gibt die Bundesregierung vor, davon nichts zu wissen, aber es gehört zu den politischen Allgemeinplätzen, dass von Ramstein aus die US-Kriege von Somalia bis Pakistan geleitet werden, vor allem der Einsatz von Drohnen und Raketen wird hier technisch abgewickelt. Ohne Ramstein wären solche Einsätze, denen immer wieder zahlreiche Zivilisten zum Opfer fallen, nicht möglich.

Ein zweiter Schwerpunkt ist Stuttgart, Kelley Barracks. Hier residiert das Africom, die Zentrale für alle militärischen Aktivitäten der USA in Afrika. Offiziell ist von Basen in nur sechs Ländern die Rede, aber das ist nicht die Wahrheit. Vielmehr unterhalten die USA in so gut wie jedem afrikanischen Land von Marokko bis Tansania und Guinea bis Kenia Militärbasen, die alle dem Africom in Stuttgart unterstehen. Dieses enorme militärische Engagement auf dem Schwarzen Kontinent ist eine Reaktion auf die später Erkenntnis, dass die Chinesen seit Langem und in aller Stille die afrikanischen Länder wirtschaftlich an Peking gebunden und sich so Zugriff zu den unermesslichen Rohstoffen verschafft haben. Als dritter Schwerpunkt sei Landstuhl genannt, wo die USA mit dem Landstuhl Regional Medical Center (LRMC) ihr größtes Militärkrankenhaus im Ausland unterhalten. 

Soweit es in der Politik so etwas gibt, besteht absolute Sicherheit darüber, dass die USA Einrichtungen dieser Art solange nicht gefährden werden, wie es in ihrer Macht steht, sie zu behalten. Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzende des NATO-Militärausschusses General a. D. Harald Kujat bestätigt: „Die Amerikaner sind nicht hier, um uns einen Gefallen zu tun, sondern weil sie strategische Interessen haben. Deshalb werden sie auch ganz sicher nicht vollständig aus Deutschland abziehen.“ Angesichts dieser Zusammenhänge gewinnt die deutsche Verpflichtung zu einer erhöhten Zahlung an die NATO einen neuen Aspekt. Sie soll zur Finanzierung der US-Militärpräsenz in aller Welt beitragen. Schließlich kosten an die 1000 Basen, um den Globus verteilt, eine Menge Geld. 

„Das kann man ja nur begrüßen“ 

Der Entschluss, 9500 Mann von Deutschland abzuziehen und wahrscheinlich nach Polen zu verlegen, berührt die strategischen Gegebenheiten keineswegs. Vielmehr ist der Schritt nach Osten von propagandistischem Wert, denn er kann dazu genutzt werden, wieder einmal auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die von dort angeblich dräut. Denn ohne Propaganda geht es nicht. Man käme sonst vielleicht in die Not, erklären zu müssen, warum sich nach 1991 sämtliche russischen Truppen aus Deutschland zurückgezogen haben, die US-amerikanischen aber nicht. Oder zu welchem Zweck die NATO weiterhin existiert, wo doch der Warschauer Pakt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion liquidiert worden ist. Oder warum die USA 1000 Militärbasen im Ausland brauchen, die Russen dagegen nur acht.

Zum Teilabzug der US-Truppen sagte der frühere Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium Willy Wimmer: „Das kann man ja nur begrüßen, denn die ganzen Anmerkungen, die zu diesen Überlegungen des amerikanischen Präsidenten derzeit in Berlin geäußert werden, machen ja deutlich, dass die hier anwesenden amerikanischen Truppen mit deutschen oder europäischen Sicherheitsinteressen eigentlich gar nichts mehr zu tun haben. Stattdessen sind sie Drehscheibe für amerikanische Militäreinsätze in anderen Teilen der Welt.“ Und er ergänzte seine Darlegung durch die maliziöse Frage, warum denn nicht alle GI gingen.

Der Autor ist ein christsoziales Urgestein und war lange Zeit Redakteur beim „Bayernkurier“.